Seit Mai 2014 erhältlich: Vedolizumab. Ein Wirkstoff für die Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Therapie. Das IQWiG hat den Zusatznutzen gegenüber der bisherigen Therapie untersucht. Dieser kann nicht belegt werden. Grund: Das Dossier des Herstellers enthält ungeeignete Daten.
Vedolizumab (Handelsname Entyvio) ist seit Mai 2014 für Patienten zugelassen, die an einer mittelschweren bis schweren Form von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt sind. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat mit einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob der Wirkstoff bei diesen Patientengruppen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet. Ein solcher Zusatznutzen ist demnach nicht belegt, da das Dossier für keines der beiden Anwendungsgebiete geeignete Daten enthält.
Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa handelt es sich um chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Vedolizumab kommt infrage, wenn eine herkömmliche Behandlung nicht vertragen wird oder die Beschwerden nicht ausreichend lindert. Bei dieser herkömmlichen Behandlung kann es sich auch um einen Tumornekrosefaktor-α-Antagonisten (TNF-α-Antagonisten) handeln. Als zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für beide Anwendungsgebiete jeweils einen TNF-α-Antagonisten (Adalimumab oder Infliximab). Dabei ist zu beachten, dass bei Versagen der Therapie mit einem TNF‑α‑Antagonisten ein Wechsel auf einen anderen TNF‑α‑Antagonisten oder eine Dosisanpassung möglich ist.
Für Patienten, die an einem mittelschweren bis schweren Morbus Crohn erkrankt sind, identifiziert der Hersteller in seinem Dossier keine randomisierte kontrollierte Studie (RCT), die Vedolizumab mit Adalimumab direkt vergleicht. Da er auch keine indirekten Vergleiche auf Basis von RCTs durchführt, ist ein Zusatznutzen von Vedolizumab für das Anwendungsgebiet Morbus Crohn nicht belegt. Auch zum Anwendungsgebiet mittelschwere bis schwere Colitis ulcerosa enthält das Dossier keine direkt vergleichende Studie (RCT). Hier stellt der Hersteller allerdings einen adjustierten indirekten Vergleich an. Dazu zieht er zum einen eine RCT heran, die Vedolizumab mit Placebo vergleicht (Studie C13006). Zum anderen verwendet er drei RCTs, in denen Adalimumab gegen Placebo getestet wird (ULTRA 1, ULTRA 2, M10-447). Das Placebo fungiert dabei als Brückenkomparator.
Dieses Vorgehen ist prinzipiell geeignet, einen Zusatznutzen zu belegen. Allerdings ist eine wichtige Voraussetzung nicht erfüllt: Die verglichenen Populationen der Vedolizumab- und Adalimumab-Studien sind nicht ausreichend ähnlich. Das liegt vor allem daran, dass sich das Design dieser Studien unterscheidet. Zwar sind sowohl die Vedolizumab-Studie als auch zwei der drei Adalimumab-Studien (ULTRA 2 und M10-447) zweiphasig aufgebaut: Auf eine Induktionsphase folgte eine Erhaltungsphase. Bei der Vedolizumab-Studie wurden jedoch nur diejenigen Patienten randomisiert weiterbehandelt, die in der Induktionsphase auf Vedolizumab angesprochen hatten (Responder). In den beiden Adalimumab-Studien wurden dagegen sowohl Responder als auch Non-Responder in der Erhaltungsphase weiterbehandelt.
Auch aus einem zweiten Grund ist der indirekte Vergleich ungeeignet: Die unerwünschten Ereignisse in der Vedolizumab-Studie wurden nicht angemessen analysiert. Ein Zusatznutzen von Vedolizumab im Vergleich zu Adalimumab ist deshalb auch für Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa nicht belegt.