Zur Behandlung der Vitiligo gibt es jetzt eine neue Therapieoption – Ruxolitinib als Creme. Wie gut sie abschneidet, erfahrt ihr hier.
Bei der Vitiligo handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung der Haut, bei der es in scharf abgegrenzten Arealen zu einem Untergang der Melanozyten kommt. Die Erkrankung betrifft 0,5–1 % aller Menschen weltweit. Die Krankheit beginnt meist zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr, wobei beide Geschlechter etwa gleich häufig betroffen sind. Man unterscheidet die segmentale Vitiligo und die nicht segmentale Vitiligo, wobei die zweite Form die häufigste Erscheinungsform ist. Weiterhin gibt es nicht-klassifizierbare Formen wie die follikuläre Vitiligo.
Hormonelle Veränderungen wie eine Schwangerschaft aber auch andere Autoimmunerkrankungen oder psychische Trigger können Schübe der Erkrankung auslösen. Ca. 20 % der Erkrankten weisen eine positive Familienanamnese auf. Es gibt offenbar eine genetisch mitbedingte Anfälligkeit der Melanozyten für oxidativen Stress. In der Haut entsteht durch eine Fehlregulation antioxidativer Enzyme Wasserstoffperoxid. Das Immunsystem wird aktiviert, wobei – getriggert durch eine Ausschüttung von Interferon-γ – vermehrt aktivierte CD8+-Zellen in die betroffenen Areale einwandern und die Zerstörung der Melanozyten vorantreiben.
Interferon-γ wirkt dabei über den JAK-STAT-Signalweg. Der neue Behandlungsansatz zielt darauf ab, diesen Signalweg zu hemmen, um die Entzündungskaskade zu durchbrechen. Die Erkrankung ist häufig mit anderen Autoimmunerkrankungen wie der Hashimoto-Thyreoiditis oder der Alopezia areata assoziiert. Über 60 % der Patienten weisen zusätzlich eine atopische Dermatitis, allergische Rhinitis oder ein Asthma bronchiale auf. Die leichten Formen der nicht segmentalen Vitiligo (< 10% der Hautoberfläche betroffen) werden bisher mit topischen Steroiden therapiert. Zusätzlich können im Anschluss an eine Steroidtherapie off-label topische Clineurin-Inhibitoren eingesetzt werden.
Für diese Patientengruppe wurde nun in zwei doppelblinden Phase-III-Studien (TruE-V1 und TruE-V2) in Europa und Nordamerika eine topische Therapie mit dem Januskinase-Inhibitor Ruxolitinib erprobt, der in Tablettenform bereits zur Behandlung der Myelofibrosen, der Polycythaemia vera sowie der Graft-versus-Host-Reaktionen eingesetzt wird.
In die Studien wurden 674 Patienten mit leichter Vitiligo und Hauttyp I–VI ab einem Alter von 12 Jahren eingeschlossen. Die Patienten applizierten 24 Wochen lang zweimal täglich 1,5%ige Ruxolitinib-Creme oder nur die Trägersubstanz auf alle Vitiligostellen im Gesicht und am Köper. Der primäre Endpunkt war ein Rückgang der Depigmentierung im Gesichtsbereich, der mittels des Facial Vitiligo Area Scoring Index (F-VASI) gemessen wurde. Ziel war eine Verbesserung gegenüber dem Ausgangswert um mindestens 75 %. Der primäre Endpunkt wurde von 29,8 % (TrueE-V1) bzw. 30,1 % (TruE-V2) der Patienten erreicht (verglichen mit 7,4 % bzw. 11,4 % der mit dem Vehikel behandelten Patienten).
Mehr als 50 % erzielten den sekundären Endpunkt einer 50%igen Repigmentierung im Gesicht. In Bezug auf alle Körperherde erzielten etwa 50 % aller Patienten eine mindestens 50%ige Repigmentierung (T-VASI50) nach 24 Wochen. 15 % der mit Ruxolitinib behandelten Patienten in beiden Studien erreichten eine Verbesserung des F-VASI von ≥ 90 % (F-VASI90) gegenüber dem Ausgangswert, im Vergleich zu etwa 2 % in der Placebogruppe. Die Effekte waren gegenüber der Placebokontrolle signifikant. Auch was den sekundären Endpunkt eines verbesserten Ergebnisse auf der Vitiligo-Bemerkbarkeitsskala betraf, war Ruxolitinib dem Placebo überlegen.
Nach Abschluss der Untersuchung in Woche 24 konnten alle Patienten zweimal täglich 1,5%ige Ruxolitinib-Creme für weitere 28 Wochen im Rahmen einer offenen Behandlungsverlängerungsphase der Studien anwenden. In Woche 52 erreichte etwa einer von drei mit Ruxolitibinib behandelten Patienten den F-VASI90.
Bei den Patienten, die Ruxolitinib-Creme über 52 Wochen hinweg anwendeten, traten unerwünschte Ereignisse innerhalb der beiden Studien bei 54,8 % bzw. 62,3 % der Fälle auf; die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Akne (6,3 % bzw. 6,6 %) und Pruritus an der Applikationsstelle (5,4 % bzw. 5,3 %) sowie Nasopharyngitis (5,4 % bzw. 6,1 %). Es traten keine schwerwiegenden behandlungsbedingten unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit Ruxolitinib-Creme auf. Die Studienautoren stellten als bemerkenswert fest, dass Stechen oder Brennen an der Applikationsstelle, welches bei topischen Calcineurin-Inhibitoren häufig berichtet wird, bei der Ruxolitinib-Creme nur selten auftrat. Hämatopoetische Nebenwirkungen traten nur selten auf und wurden von den Prüfärzten als nicht behandlungsbedingt eingestuft.
Als Kritikpunkt ist anzuführen, dass die meisten in die Studie eingeschlossenen Patienten einen hellen Hauttyp aufwiesen. Die Autoren verweisen darauf, dass eine Verallgemeinerung auf Patienten mit dunkleren Hauttypen aufgrund der Patientenrekrutierung nur begrenzt möglich ist, geben jedoch an, dass Untergruppenanalysen von Phase-II-Daten darauf hindeuten, dass die Häufigkeit der Repigmentierungsreaktion bei Patienten mit hellerer Haut und solchen mit dunklerer Haut ähnlich sein könnte.
Die langfristigen Sicherheitsbewertungen der Ruxolitinib-Creme aus der 156-wöchigen Phase-II-Studie sind noch nicht abgeschlossen. Die Autoren schließen mit der Folgerung, dass die Ruxolitinib-Creme sich in beiden Studien dem Placebo gegenüber als überlegen erwies, jedoch größere und längere Studien erforderlich sind, um die Wirkung, die Langzeitwirkung und die Risiken von Ruxolitinib-Creme für die Behandlung von Vitiligo abschließend zu untersuchen.
Bildquelle: Ed Robertson, Unsplash