An der MedUni Graz wurde bei Personen mit der Diagnose "Familiäres kolorektales Karzinom X Syndrom" (FCCTX) eine Mutation im Gen SEMA4A entdeckt. Darmzellen mit diesem Gen zeigen eine höhere Aktivität in den Zellwachstum-Signalwegen. Auch der Zellzyklus ist beschleunigt.
Jährlich werden in Österreich 5.000 Kolonkarzinom-Neuerkrankungen diagnostiziert. Wissenschafter der Medizinischen Universität Graz rund um Univ.-Prof. Dr.med.univ. Heinz Sill identifizierten nun eine Genmutation, die wesentlich zur Früherkennung und Prävention von familiärem Kolonkarzinom beiträgt.
Im Rahmen einer Studie wurde eine große österreichische Familie untersucht, in welcher kolorektale Karzinome über drei Generationen vererbt wurden. Sämtliche molekulare Analysen auf bekannte Mutationen verliefen negativ. Daher wurde das FCCTX diagnostiziert. „Mittels neuer Sequenziermethoden wurde eine Mutation im Gen SEMA4A identifiziert“, berichtet der Erstautor der Studie, Dr.med.univ. Eduard Schulz. Die bisher bekannte Funktion dieses Gens bezieht sich auf die neuronale Entwicklung und Modulation von Immunzellen. Alle untersuchten Familienmitglieder mit der Diagnose Kolonkarzinom wiesen die identische Mutation im SEMA4A Gen auf. Daher wurde im nächsten Schritt die biologische Relevanz der Mutation untersucht. Dabei machten die Wissenschafter eine Entdeckung: „Darmzellen mit mutiertem SEMA4A zeigten eine deutlich höhere Aktivität von Signalwegen, die das Zellwachstum anregen“, schildert Schulz. Auch der Zellzyklus war als Folge dieser abnormen Aktivität stark beschleunigt. Bei Darmzellen mit normalen SEMA4A konnte diese extrem hohe Aktivität in den Signalwegen nicht beobachtet werden.
Eine Analyse von FCCTX Tumoren aus Deutschland und den USA bestätigte die Ergebnisse der Wissenschafter. Die Forschungsergebnisse belegen, dass funktionelle Mutationen in einem bisher mit Krebserkrankungen nicht in Verbindung gebrachten Gen, für die Entstehung von familiärem Kolonkarzinom verantwortlich sind. Der Nachweis von Keimbahn-Mutationen im SEMA4A Gen hat wichtige Konsequenzen für Patienten mit familiärem Kolonkarzinom und deren Angehörige. Durch frühzeitig begonnene regelmäßige endoskopische Untersuchungen kann ein effektiver Beitrag betreffend der Krebs-Früherkennung geleistet werden. „Die Bestimmung der Mutation im SEMA4A Gen klärt dabei über das Erkrankungsrisiko auf und ist ein wichtiger Beitrag zur Krebsprävention beim familiären Darmkrebs“, so Sill abschließend. Originalpublikation: Germline variants in the SEMA4A gene predispose to familial colorectal cancer type X Eduard Schulz et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms6191; 2014