Vollkorn-Produkte sind gesund, aber nicht sonderlich populär. Könnte Aufklärung über ihre gesundheitlichen Vorteile helfen, die gesünderen Alternativen zum Weißmehl beliebter zu machen?
Mit einer besseren Aufklärung über die Wirkung von Vollkornprodukten lässt sich die Einstellung zu ihnen zumindest ein wenig ändern. Das belegt eine aktuelle Studie der Universität Bonn, an der gut 300 Personen zwischen 18 und 39 Jahren teilnahmen. Obwohl sie zwei Wochen lang täglich entsprechende Informationen erhielten, war der Effekt allerdings relativ gering. Mit Aufklärung allein lassen sich die empfohlenen Verzehrmengen daher wohl kaum erreichen, meinen die Wissenschaftlerinnen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift Appetite erschienen.
Vollkorn-Produkte sind gesund: Sie sättigen mehr und länger, stärken das Immunsystem und verringern das Risiko für Diabetes und Bluthochdruck. Dennoch fristen sie in den Supermarkt-Regalen ein Schattendasein. Ein wesentlicher Grund ist ihr Geschmack: „Viele Menschen geben in Befragungen an, dass sie Vollkorn-Lebensmittel nicht so lecker finden wie herkömmliche Produkte“, erklärt Dr. Nina Weingarten vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik (ILR) der Universität Bonn. Hinzukommen aber möglicherweise noch weitere Gründe: „So wird die gesundheitsfördernde Wirkung der Produkte häufig unterschätzt“, sagt die Psychologin. „Außerdem wissen die Kundinnen und Kunden oft nicht, wie sie Vollkorn in ihren täglichen Speiseplan integrieren können – möglicherweise, weil es ihnen an Rezepten fehlt.“
Doch ändert sich das Konsumverhalten, wenn man diese Informations-Lücken behebt? Weingarten und Prof. Monika Hartmann sind dieser Frage nachgegangen. Zusammen mit einem Marktforschungsinstitut haben sie mehr als 330 Frauen und Männer zwischen 18 und 39 Jahren für eine Langzeit-Online-Studie gewonnen. Die Teilnehmer wurden in vier Gruppen eingeteilt.
Eine davon erhielt jeden Tag eine Mail mit Gesundheitsinformationen. Ein Beispiel: „Durch den täglichen Konsum von Vollkornprodukten reduziert sich das Risiko eines Schlaganfalls.“ Eine zweite Gruppe wurde dagegen täglich mit Rezeptvorschlägen versorgt. Gruppe drei erhielt beides – Infos zu den gesundheitlichen Effekten von Vollkorn und Ideen, die Lebensmittel in den Speiseplan zu integrieren. Gruppe vier diente zur Kontrolle; ihre Mitglieder fanden jeden Morgen eine Nachricht mit Informationen zu saisonalen Früchten und Gemüsearten in ihrer Inbox. Insgesamt lief dieser Teil der Studie über einen Zeitraum von vierzehn Tagen.
„Direkt danach haben wir untersucht, wie sich Einstellung und Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten im Vergleich zum Start des Experiments verändert hatten“, sagt Weingarten. „Sie sollten unter anderem angeben, was sie von Vollkorn-Lebensmitteln hielten und wie oft sie in den vergangenen zwei Wochen entsprechende Produkte verzehrt hatten.“ Vier Wochen später wurden ihnen nochmals dieselben Fragen gestellt.
Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass Rezeptideen allein keinen Effekt haben: Die Frauen und Männer in Gruppe zwei gaben keine signifikant veränderte Einstellung zu Vollkorn-Produkten zu Protokoll. Auch ihr Konsumverhalten hatte sich nicht geändert. Anders sah es bei den Verbrauchern aus, die Gesundheitsinformationen erhalten hatten: Sie gaben den Vollkorn-Lebensmitteln nun signifikant bessere Noten. Zudem landeten die entsprechenden Produkte bei ihnen nun etwas öfter auf dem Teller. Dieser Effekt war allerdings erst vier Wochen nach Studienende nachweisbar.
Aufklärung hat also durchaus eine Wirkung. Der ernüchternde Teil dieser Botschaft lautet allerdings: Sie ist nicht besonders groß. Das zeigt sich etwa an der Häufigkeit des Vollkorn-Konsums, der auf einer Skala von 1 (keinmal in den letzten 14 Tagen) bis 7 (11–14-mal) angegeben werden musste. In der Gesundheitsinfo-Gruppe änderte sich der Durchschnittswert von 2,84 vor Start des Experiments auf 3,04 vier Wochen nach seinem Ende.
Weingarten und Hartmann halten es daher für unwahrscheinlich, dass Informationen allein den Vollkorn-Konsum so ankurbeln können, wie es empfehlenswert wäre. „Hinzu müssen weitere Maßnahmen kommen – etwa, dass im Supermarkt verstärkt auf die Produkte hingewiesen wird oder dass die Hersteller neue Rezepturen entwickeln, um sie schmackhafter zu machen“, sagt Weingarten. „Auch könnten Restaurants oder Fast-Food-Ketten vermehrt Gerichte mit Vollkorn anbieten und bewerben, etwa Pizza mit einem Vollkornboden oder Burger-Brötchen aus Vollkornmehl.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Wesual Click, unsplash