Bald ist es so weit: Die Apotheken erheben sich und protestieren gegen die schlechte Honorierung. Wie viel der Aufstand wirklich bringt – das habt ihr selbst in der Hand.
Kein neues Thema: Seit Jahren ist die wirtschaftliche Entwicklung öffentlicher Apotheken von etlichen Parametern abgekoppelt, das zeigen einige Kenngrößen. Bezogen auf das Jahr 2004 (Index 100 Punkte) lag die Apothekenvergütung in 2022 bei 121,4 Punkten. Weit höher rangieren der Verbraucherpreisindex (136,3 Punkte), die Tariflöhne in Apotheken (147,9 Punkte), das Bruttoinlandsprodukt (163,2 Punkte) und – extrem – die GKV-Einnahmen (198,7 Punkte).
Kosten und Einnahmen passen nicht mehr zusammen. Nach Jahren des Unmuts lehnt sich der Berufsstand tatsächlich dagegen auf. Das ist gut, das ist auch höchste Zeit. Doch ganz so einfach wird die Sache nicht laufen.
Das beginnt bei der zentralen Frage: Wer macht mit – und wer nicht? Eine Umfrage der DAZ mit immerhin 1.543 Teilnehmern (68,5 Prozent Inhaber) bringt Erschütterndes zu Tage. Gemessen am Unmut der letzten Jahre erstaunt es mich doch, dass nur drei Viertel der Apotheken mitmachen. Und lediglich 52,75 Prozent aller Umfrageteilnehmer haben vor, ihre Apotheken auch zu schließen.
Klar – es gibt etliche andere Wege der Kundenkommunikation. Nur braucht es eine Protesttag, um Zettel zu verteilen oder Poster ins Fenster zu kleben? Nein! Apotheken haben Tag für Tag Dutzende, ja Hunderte Kontakte am HV-Tisch. Reine Informationskampagnen mit Flyern als „Wunderwaffe“ gehen immer. Wichtiger wäre jetzt ein gemeinsames Signal nach Berlin: Am 14. Juni sind alle Türen zu, es bleibt beim Notdienst. Nur solche Botschaften kommen bei der Koalition an.
Aber nein, uns könnte ja etwas Umsatz entgehen. Schließt die Apotheke A, dann freut sich Apotheke B zwei Straßen weiter umso mehr, wenn Kunden kommen. Der Protest-Checker verrät, was die Konkurrenz so treibt. Solidarität ist eine andere Sache. Und – so war vereinzelt zu hören – man könne es sich nicht leisten, zuzusperren. Die ABDA wiederum hat bei einer Abfrage unter Mitgliedern keine Mehrheit für eine zentrale Demo in Berlin bekommen. Damit liegt es an allen Fürstentümern – pardon, Landesapothekerkammern – etwas zu organisieren. Oder eben nicht.
Doch wer beim Protesttag nur an die Apothekenleitung denkt, irrt sich gewaltig. Denn Chefs und Angestellte sitzen stärker in einem Boot, als ihnen lieb ist. Höhere Honorare, so sie denn kommen, weiten den unternehmerischen Spielraum aus. Das schafft auch Möglichkeiten, Teams besser zu bezahlen.
Umso mehr erstaunt, dass es im Vorfeld reichlich arbeitsrechtliche Debatten gab und gibt – sicher auch eine deutsche Besonderheit. Schließt die Apotheke komplett, können Inhaber Angestellten wohl Überstunden, aber keine Urlaubstage abzwacken.
Auch handelt es sich trotz unsauberer Darstellungen in einzelnen Medien eben nicht um einen Streik, sondern um einen Protesttag. Streiks sind und bleiben Mittel im Arbeitskampf, das Gewerkschaften gegen Arbeitgeber einsetzen. Genau das ist hier nicht der Fall. Vielmehr sollten sich Arbeitgeber und Angestellte Seit’ an Seit’ für das gemeinsame Ziel einsetzen.
Jetzt warten wir gespannt auf den 14. Juni. Es steht einiges auf dem Spiel. Im besten Fall senden deutschlandweite Proteste ein klares Signal an Berlin. Scheitert der Aktionstag durch zu geringe Beteiligung und durch mangelndes Interesse der Apothekerschaft, kommt aber auch ein Signal an: Es passt doch alles, die Apotheken kommen auch so über die Runden. Hier ist erst einmal nichts zu tun; lasst sie nur meckern.
Macht ihr mit beim Protesttag und was haltet ihr davon? Schreibt es in die Kommentare!
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