Stechmücken haben Vorlieben für bestimmte Temperaturen – und zwar kältere als bisher vermutet. Diese Erkenntnis soll helfen, Ausbrüche von Krankheiten besser vorauszusagen, die von den Insekten übertragen werden.
„Haben sie die Wahl, dann ziehen sich Stechmücken bei Hitze an einen kühlen Ort zurück“, fasst Insektenforscher Niels Verhulst die Ergebnisse seines aktuellen Versuchs zusammen. Das Verhalten von Stechmücken – die Krankheiten wie das Dengue-Fieber, das West-Nil-Fieber oder Malaria übertragen – beschäftigt ihn seit mehreren Jahren.
Verhulst untersuchte in seiner Studie die Temperatur-Vorlieben der Insekten erstmals außerhalb eines Labors, wobei ihn hauptsächlich die Ruhephasen interessierten, die den größten Teil des Mücken-Alltags ausmachen. Dafür setzte er während eines Sommers zwischen 100 und 200 Weibchen der Asiatischen Buschmücke (Aedes japonicus) in einem großen Freiluftkäfig aus. Diesen Vorgang wiederholte er insgesamt 19 Mal. Der Käfig war mit drei Ruheboxen ausgestattet: In der ersten Box war es mit rund 18 C° recht kühl, in der zweiten Box war es warm bei rund 35 C° und in der dritten Box herrschte dieselbe Temperatur wie in der Umgebung; rund 26 C°. Die Stechmücken konnten sich zwischen diesen Boxen frei bewegen. Bei jeder Versuchsrunde wurden die Insekten in den Boxen fünfmal gezählt – alle zwei Stunden.
Die Forscher stellten fest, dass die Mücken die Box mit der kühlsten Temperatur bevorzugten. Diese Präferenz verstärkte sich im Laufe des Tages mit steigender Außentemperatur. „Die Asiatischen Buschmücken ruhten sich im Durchschnitt bei vier Grad weniger als der normalen Außentemperatur aus“, erklärt Niels Verhulst. Die Ergebnisse müssen mit Studien über längere Zeiträume und insbesondere mit infizierten Stechmücken verfeinert werden. Derzeit wissen die Forscher nicht, ob diese ebenfalls kühlere Temperaturen bevorzugen oder ob sie vielleicht wärmere Orte vorziehen, um die Krankheitserreger loszuwerden – ganz wie wir es tun, wenn wir Fieber haben.
Trotzdem ist die Vorliebe der Stechmücken für kühlere Temperaturen ein wichtiges Element für die Vorhersage von Krankheitsübertragungen. „Derzeit können wir mit Modellen die Entwicklung von Mückenpopulationen und ihrer Krankheitserreger nicht genau vorhersagen, da sie sich auf die Umgebungstemperaturen stützen, die von Wetterstationen gemessen werden. Diese wiederum messen die Temperaturen jedoch in zwei Metern Höhe inmitten von Feldern, in denen es ohnehin keine Stechmücken gibt“, erklärt Verhulst.
So könnten die Modelle zum Schluss kommen, dass die Insekten in einem bestimmten Gebiet wegen Hitze nicht überleben können. „Doch in Wirklichkeit finden die Mücken auch dort kühlere Mikroklimas, in denen sie sich vermehren und Krankheiten übertragen können“. Im Zuge des Klimawandels wird es noch wichtiger werden, die Modelle zu verfeinern.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Schweizerischen Nationalfonds SNF. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Wolfgang Hasselmann, unsplash.