Die klassische Herzchirurgie mit Eröffnung des Brustbeins wird von Patienten oft kritisch gesehen. Wann sie aber Interventionen mittels Katheter überlegen ist, erfahrt ihr hier.
Klassische Herzchirurgie, die in den meisten Fällen durch einen direkten Zugang zum Herzen über eine Eröffnung des Brustbeins durchgeführt wird, hat in den letzten Jahren Konkurrenz bekommen. Grund dafür ist die Entwicklung interventioneller Verfahren, die ebenfalls in der Lage sind, Probleme an den Herzklappen oder den Herzkranzgefäßen zu behandeln, aber ohne Eröffnung des Brustbeins, sondern mit Hilfe eines Katheters, der über die Leiste oder den Arm zum Herzen vorgeführt wird. Diese interventionellen Verfahren, die von spezialisierten Kardiologen durchgeführt werden, haben erheblich an Beliebtheit bei Patienten und an Anzahl der Anwendungen gewonnen. Allerdings sind die Langzeitergebnisse dieser Interventionen oft nicht bekannt.
Beim diesjährigen Kongress der US-amerikanischen herzchirurgischen Gesellschaft präsentierte die konventionelle Herzchirurgie aktuelle Langzeitergebnisse.
Magdi Yacoub aus London präsentierte Daten von 108 Patienten, die eine Ross-Operation erhielten. Bei dieser komplexen Operation wird eine erkrankte Aortenklappe durch die eigene Pulmonalklappe des Patienten ersetzt. Die dann fehlende Pulmonalklappe wird wiederum durch eine konservierte menschliche Spenderklappe ausgetauscht. Diese Operation ist prominent geworden durch die Anwendung bei dem österreichisch-amerikanischen Schauspieler Arnold Schwarzenegger Ende der 1990er Jahre und war über Jahre umstritten.
Die Studie von Yacoub zeigt eine herausragende Langzeithaltbarkeit und ein Überleben, welches sich nicht von dem der altersangepassten Normalbevölkerung unterscheidet. Prof. Tirone David, einer der renommiertesten Aortenklappenchirurgen der Welt, kommentierte diesen Höhepunkt und unterstrich die besondere Bedeutung dieser Operation. Er betonte allerdings im Kontext, dass eine besondere operative Expertise nötig sei, um derart gute Ergebnisse erzielen zu können.
Aus Patientensicht sind diese Ergebnisse besonders wertvoll, da es sich bei dieser Operation um eine biologische Lösung handele, von der vor allem junge Patienten profitieren. Diese werden ansonsten meist mit einer mechanischen Klappenprothese sinnvoll versorgt, bei der eine Normalisierung der Lebenserwartung bisher nicht ganz erreicht werden konnte, und bei der zudem die lebenslange Zugabe von Blutgerinnungshemmern nötig ist.
Eine zweite interessante Studie verglich den konventionellen, chirurgischen Ersatz einer verengten Aortenklappe mit den neuen Transkatheterverfahren (TAVI) bei Patienten, die eine angeborene Anomalie der Aortenklappe aufweisen (sog. biskuspide Aortenklappe), was oft zu einer verfrühten Degeneration führt. Diese Patienten wurden in den standardisierten Vergleichen bisher ausgeschlossen.
Die Autoren analysierten ein großes US-amerikanisches Register und wendeten statistische Verfahren zur Risikoangleichung an. In diesem Vergleich zeigte sich initial kein echter Vorteil durch das Katheterverfahren und nach drei Jahren war bei der klassischen Chirurgie die Sterblichkeit signifikant niedriger. Diese Daten, die an Patienten mit recht niedrigem Operationsrisiko erhoben wurden, bestätigen andere bisher veröffentlichte Registerstudien, die die Langzeitergebnisse der neuen interventionellen Verfahren in Frage stellen (derartige Daten gibt es aus Deutschland, Italien, Frankreich und Polen).
Trotz der Therapieerfolge der klassischen Herzchirurgie bleibt die Sorge um die Eröffnung des Brustbeins bei Patienten und konservativen Medizinern groß. Auch hier konnten auf dem Kongress wesentliche neue Erkenntnisse präsentiert werden. Prof. Enoch Akowuah von den South Tees Hospitals in England präsentierte die „Mini-Mitral Studie“, bei den Rekonstruktionen der Mitralklappe entweder über ein eröffnetes Brustbein oder über einen minimalinvasiven Zugang an der rechten Brust durchgeführt wurden. Die Studie zeigte keine Unterschiede im Ergebnis nach 12 Wochen, konnte aber eine schnellere Mobilisierbarkeit und eine frühere Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus belegen. Eine Eröffnung des Brustbeins ist damit für eine erfolgreiche Reparatur einer Mitralklappe in den Händen von Experten nicht mehr nötig.
In diesem Kontext stellte auch Prof. Oleksander Babliak aus Kiew eine Arbeit vor. Seine Gruppe versorgte über einen minimal-invasiven Zugang an der linken Brust nicht nur das Herz mit koronaren Bypässen, sondern rekonstruierte gleichzeitig eine erkrankte Mitralklappe.
Schließlich wurde auch ein Vergleich zwischen der interventionellen Behandlung der koronaren Herzerkrankung (Stentimplantation) mit der klassischen Bypassoperation bei Patienten im Alter von über 80 Jahren präsentiert. Die Autoren fassten alle verfügbaren Daten zu diesem Thema in einer Meta-Analyse zusammen und demonstrierten auch bei diesen Patienten, die oft als zu alt für eine Operation angesehen werden, eine signifikanten Überlebensvorteil für die Bypassoperation gegenüber dem Stent. Dieser Vorteil hatte den Preis einer etwas höheren operativen Sterblichkeit, war aber mit deutlich weniger Herzinfarkten der bypassoperierten Patienten vergesellschaftet, was von den Autoren als Ursache für den Effekt angesehen wird. Dr. Gloria Färber (Universitätsklinikum Jena) präsentierte relevante Daten aus einem der größten Register für minimalinvasive Mitralklappenchirurgie. An der Studie waren 17 Herzzentren in Europa, Amerika, Ozeanien und Asien mit ca. 6.500 Patienten beteiligt.
All diese Arbeiten betonen die Therapieerfolge mit konventionellen herzchirurgischen Verfahren. Insofern kann Patienten, bei denen sowohl interventionelle als auch herzchirurgische Verfahren in Frage kommen, geraten werden, in jedem Falle auch die herzchirurgische Meinung vor einer Behandlung einzuholen bzw. eine Konsens-Entscheidung vom etablierten Herz-Team zu fordern, wie es auch die Leitlinien vorsehen und vorgeben.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie.
Bildquelle: Alexandru Acea, unsplash