Junge Sportlerinnen sind besonders häufig von Bänder- und Muskelverletzungen betroffen. Außerdem auffällig: Die Juniorinnen zeigen im Rahmen einer aktuellen Studie gehäuft Gehirnerschütterungen.
In der Premier-League-Partie des FC Arsenal gegen Manchester United hat sich die Fußballspielerin Leah Williamson das Kreuzband gerissen. Das wäre eigentlich keine Meldung wert gewesen, wäre es nicht schon die dritte Verletzung der Art beim FC Arsenal in der laufenden Spielzeit. Einzig positiver Nebeneffekt: Forscher und Öffentlichkeit nehmen sich des Themas „Verletzungsprävention im Frauenfußball“ nun verstärkt an.
Das Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat schon vor der Corona-Pandemie die bundesweit erste Studie gestartet, die sich mit dem Thema befasst. 127 Fußballerinnen der zweiten bis vierten Frauenligen wurden zu ihren Verletzungshistorien im Juniorinnen-Alter befragt. Für Deutschland lagen bis hierhin keine Daten zu Verletzungsarten und -häufigkeiten im Juniorinnen-Fußball vor.
Die Ergebnisse der Autoren Heinz Reinders, Sascha Goebel und Olaf Hoos wurden in der Fachzeitschrift Leistungssport des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB veröffentlicht. Sie zeigen, dass Verletzungen der unteren Extremitäten und insbesondere Verletzungen der Bänder sowie Prellungen und Muskelzerrungen aufgetreten sind. Spielerinnen der U15 und U17 sind davon besonders betroffen.
Aber auch eine andere immer wieder diskutierte Verletzungsform kann das Team um Studienleiter Professor Heinz Reinders nachweisen: Jede sechste Spielerin berichtet von einer Gehirnerschütterung als Erst- oder Zweitverletzung. Der DFB diskutiert mittlerweile über diese Verletzung und strebt Veränderungen gerade im Nachwuchsbereich an, um die jungen Talente zu schützen.
Eine Veränderung wünschen sich die Autoren der Studie aufgrund der Ergebnisse schon jetzt. „Das Verletzungsrisiko ist für Mädchen, die in Jungenteams trainieren und spielen, deutlich erhöht. Das gilt gerade auch für das Thema Gehirnerschütterungen“, so JMU-Sportmediziner Dr. Sascha Goebel. Zudem sei in der U17 bei Spielerinnen in Jungenteams oder mit Doppelspielrecht im Vergleich zu reinen Juniorinnen-Teams das Erschöpfungserleben besonders hoch. „Und geistige und körperliche Erschöpfung erhöht das Verletzungsrisiko enorm.“
Aber auch Verletzungen der Bänder nehmen signifikant zu, wenn Spielerinnen in Jungenteams trainieren und spielen: Der Studie zufolge steigt das Verletzungsrisiko in der U17 um über 40 Prozent. „Das können wir nicht auf die leichte Schulter nehmen“, so Reinders, „denn Erstverletzungen in der Jugend führen zu ungünstigen Verläufen in der weiteren Biographie, gerade weil Prävention und medizinische Versorgung mit Ausnahme der Bundesliga noch sehr uneinheitlich sind.“
Erst jetzt startet die VBG als zentrale Versicherungsgesellschaft im Auftrag des Deutschen Fußball-Bund (DFB) zudem ein Verletzungsregister für Spielerinnen – für die Männer gibt es das schon lange.
Dass sich nun die an Trainer im Leistungssport gerichtete Fachzeitschrift Leistungssport des Themas und der Studienergebnisse angenommen hat, sehen die Autoren als wichtigen Schritt der Sensibilisierung. Professor Olaf Hoos, Leiter des JMU-Sportzentrums: „Wir müssen das Thema sehr viel stärker in die Ausbildung der Trainerinnen und Trainer, aber auch der zukünftigen Sportlehrkräfte integrieren.“
Eine Sensibilisierung sehen die Autoren unterdessen auch beim Verband. „Der DFB macht sich mit seinem Förderprogramm für den weiblichen Fußball auf den richtigen Weg und auch der Dialog mit dem Bayerischen Verband bahnt sich an“, freut sich Reinders über die Perspektive, die eigene Forschung nicht nur im Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen, sondern auch darüber hinaus anwenden zu können.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Julius-Maximilians Universität Würzburg. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Jeffrey F Lin, unsplash