Die bakterielle Meningitis ist ein neurologischer Notfall, unbehandelt führt sie meist zum Tod. Frischt hier euer Wissen mit den wichtigsten Fakten zur Erkrankung auf!
Je nach ursächlichem Erreger versterben bis zu 20 % der Patienten an bakterieller Meningitis, unbehandelt liegt die Letalität bei fast 100 %. Vor kurzem ist die neue S2k-Leitlinie „Ambulant erworbene bakterielle Meningoenzephalitis im Erwachsenenalter“ erschienen. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht viel Neues im Vergleich zur Vorversion von 2015 gibt, sind die folgenden Dinge nicht nur für Neurologen interessant.
Die Inzidenz der bakteriellen Meningitis nimmt ab und das Erregerspektrum wandelt sich. So sind aufgrund der nach STIKO-Empfehlung regelhaft durchgeführten Impfungen Meningitiden durch Hämophilus influenzae mittlerweile eine Rarität. Auch Meningitiden durch Neisseria meningitidis (Meningokokken) werden zunehmend seltener. Die Impfung gegen Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) hat hingegen noch zu keinem merklichen Rückgang der Pneumokokken-Meningitis-Fälle geführt. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass durch die Impfung nur bestimmte Serotypen abgedeckt sind.
Die drei häufigsten Erreger der ambulant erworbenen bakteriellen Meningitis bei Erwachsenen sind Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis und Listeria monocygotenes. Der letztgenannte Erreger ist relevant für die Therapie. Die ansonsten breit wirksamen Cephalosporine haben eine Listerien-Lücke. Deshalb muss zusätzlich mit Ampicillin therapiert werden.
Die vier Leitsymptome der bakteriellen Meningitis sind Kopfschmerzen, Fieber, Meningismus und Vigilanzstörung – so weit, so bekannt. Dass ein oder mehrere der Kardinalsymptome fehlen, ist aber mehr die Regel als die Ausnahme. So liegen nur bei etwa der Hälfte der Patienten drei der vier Leitsymptome vor. Daraus folgt, dass man schon bei zwei der vier genannten Symptome an eine bakterielle Meningitis denken und entsprechend handeln sollte.
„Time is brain“ – das gilt nicht nur in der Akuttherapie des Schlaganfalls. Je länger die Einleitung einer medikamentösen Therapie bei einer bakteriellen Meningitis verzögert wird, desto schlechter ist die Prognose. Nach Krankenhausaufnahme dürfen laut Leitlinie keine drei Stunden (besser keine Stunde) vergehen, bis die Therapie eingeleitet ist. Viele Patienten werden aber initial nicht in der Klinik, sondern beim Hausarzt oder in der Notfallpraxis vorstellig. Auch hier kann und sollte bei begründetem Verdacht bereits mit der Therapie begonnen werden. Beim letztjährigen DGN-Kongress berichtete Prof. Meyding-Lamade aus Frankfurt einen Fall von einer jungen Patientin. Der Arzt in der Notfallpraxis, bei dem die junge Frau in Begleitung ihrer Mutter vorgestellt wurde, hatte die richtige Verdachtsdiagnose einer bakteriellen Meningitis gestellt. Der Transport in die Klinik verzögerte sich dann aber aus organisatorischen Gründen, die Therapieeinleitung erfolgte erst verspätet und die Patientin verstarb – obwohl in der Praxis die richtigen Medikamente verfügbar gewesen wären.
Das Vorgehen bei Patienten mit V. a. bakterielle Meningitis unterscheidet sich je nachdem, ob die genannten Symptome vorliegen. Als erstes erfolgt in jedem Fall immer die Blutentnahme mit Anlage von Blutkulturen (2 Paar von 2 unterschiedlichen Entnahmeorten). Bei Patienten ohne die genannten Warnsymptome folgt sogleich die Lumbalpunktion. Unmittelbar im Anschluss wird dann die medikamentöse Therapie mit einem Antibiotikum und Dexamethason i.v. begonnen.
Bei Patienten mit den genannten Warnsymptomen muss vor der Lumbalpunktion ein Punktionshindernis mittels Bildgebung ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich um einen zerebralen raumfordernden Prozess oder eine Hirndruckerhöhung, die im Falle einer Drucksenkung im spinalen Bereich durch die lumbale Entnahme von Liquor zu einer Einklemmung führen könnten. Auch bei diesen Patienten erfolgt als erstes die Blutentnahme mit der Anlage von Blutkulturen. Im Anschluss wird, um keine Zeit zu verlieren, unmittelbar mit der medikamentösen Therapie begonnen. Erst dann erfolgt die Bildgebung (i. d. R. CT aufgrund der schnelleren Verfügbarkeit) und im Anschluss, wenn nichts dagegenspricht, die Lumbalpunktion.
Im Liquor werden die Zellzahl inklusive Zelldifferenzierung, das Eiweiß, das Laktat und der Liquor/Serum-Glukose-Quotient bestimmt. Typischer Befund bei einer bakteriellen Meningitis ist eine granulozytäre Pleozytose mit > 1000 Zellen/µl, eine Eiweißerhöhung, eine Laktaterhöhung und ein erniedrigter Liquor/Serum-Glukose-Quotient. Aber Vorsicht: Atypische Liquorbefunde kommen bei bis zu einem Drittel der Patienten vor. Die Diagnosesicherung erfolgt über den direkten Erregernachweis, entweder in der Gram-Färbung, der PCR oder der bakteriologischen Kultur. Letztere erlaubt als einziges Verfahren eine Resistenztestung und sollte deshalb immer angestrebt werden. Neu in der aktuellen Leitlinie ist die Empfehlung von Multiplex-PCR-Panels, die die häufigsten viralen und bakteriellen Erreger einer Meningitis erfassen.
Für die ambulant erworbene bakterielle Meningitis ist das empfohlene Antibiotikaregime die Kombination aus Ceftriaxon (2 x 2g/Tag) und Ampicillin (6 x 2g/Tag). Bei bakteriellen Meningitiden nach neurochirurgischer Operation, Schädelhirntrauma oder bei Immunsuppression wird noch breiter therapiert: Die Kombination aus Vancomycin (2 x 1g/Tag) und Meropenem (3 x 2g/Tag) ist dann Therapie der Wahl. Zusätzlich zur Antibiotikatherapie wird mit Dexamethason (4 x 10mg/Tag) behandelt, bei einer nachgewiesenen Pneumokokkenmeningitis wird Dexamethason über 4 Tage fortgeführt. Bei Nachweis eines anderen Erregers kann Dexamethason i.d.R. beendet werden, da noch nicht endgültig geklärt, ob die adjuvante Therapie mit Dexamethason hier ebenfalls hilfreich ist.
Bei bis zu einem Drittel der Patienten mit bakterieller Meningitis findet sich ein Infektfokus im HNO-Bereich. In diesen Fällen sollte eine rasche operative Fokussanierung erfolgen, um eine weitere Erregeraussaat zu verhindern. Somit sollte nach Diagnosestellung zeitnah die Suche nach einem HNO-Fokus mittels cMRT und HNO-ärztlicher Untersuchung erfolgen.
Die Hälfte der Patienten entwickelt in der Akutphase der Erkrankung neurologische und/oder systemische Komplikationen. Zu den häufigsten neurologischen Komplikationen gehören ein Hirnödem, Gefäßkomplikationen (Vaskulitis, Vasospasmen, Sinusthrombose), ein Hydrozephalus und epileptische Anfälle. Diagnostisches Mittel der Wahl ist auch hier das cMRT, welches spätestens bei progredienten neurologischen Symptomen erfolgen sollte. Auch systemische Komplikationen wie eine Verbrauchskoagulopathie oder Elektrolytstörungen sind nicht selten. Wegen der häufig auftretenden schweren Komplikationen sollten alle Patienten mit einer bakteriellen Meningitis in der Akutphase der Erkrankung auf einer Intensivstation behandelt werden.
Aufgrund der abnehmenden Inzidenz gehen auch die Erfahrung und Routine im Umgang mit Patienten mit einer bakteriellen Meningitis zurück. Umso wichtiger ist es, die genannten 10 Punkte zu kennen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können.
Bildquelle: Markus Spiske, Unsplash