Bremen – Einen regelrechten Ansturm erlebte das Symposium des Unternehmens „S12 Wundversorgung 2023, die neue Realität“. Offensichtlich brannte die Frage nach der Vereinbarkeit von adäquater Wundversorgung der Patient:innen mit den gesundheitspolitischen Voraussetzungen den Kongressbesuchenden unter den Nägeln. In ihrem Vortrag „Gesundheitspolitik, die Realität verständlich erklärt“ erläuterte Steffi Nawrath, Senior Managerin Regionales Krankenkassenmanagement der PAUL HARTMANN AG, was mit der neuen Verbandmitteldefinition auf Ärzte und Pflegekräfte zukommt und, welche Chancen sich daraus für sie in der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden ergeben. Sie zeigte eindrucksvoll, dass der Weg von der Gesetzgebung für den Anspruch auf Versorgung über die Rechtsverordnung und G-BA-Richtlinien bis zu den Versorgungsverträgen und schlussendlich der Versorgung der Patient:innen in erster Linie lang ist. So wurde die seit 2019 im Sozialgesetzbuch (SGB) V formulierte Verbandmitteldefinition bereits 2017 im Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) erstmals erwähnt und 2021 noch einmal mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) aktualisiert. Es folgte die Richtlinie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der definiert, was Verbandmittel und was sonstige Produkte zur Wundbehandlung sind. Die Richtlinie besteht aus drei Teilen:
Laut Steffi Nawrath ist dieser Termin die Krux, denn der G-BA hat das Stellungnahmeverfahren zur Definition der Produkte vor über einem Jahr eingeleitet, jedoch bislang noch keine konkreten Vorgaben zu den Verfahrens- und Evidenzanforderungen getroffen. Für die Hersteller bedeutet das, dass ihre Produkte nach dem Stichtag gegebenenfalls aus der Erstattung herausfallen. Daher fordern sowohl sie als auch der Bundesverband Medizintechnologie eine Fristverlängerung, deren Aussicht auf Erfolg sie bei 50 zu 50 sieht. Somit kann noch keine definitive Aussage für die weitere Erstattung der sonstigen Produkte zur Wundbehandlung getroffen werden.
Im zweiten Teil ihres Vortrags ging Steffi Nawrath auf die Rolle der Pflege im Bereich Wundversorgung ein und stellte dem Auditorium einen fünfjährigen gesetzgeberischen Prozess zur Versorgungsanpassung bei Patient:innen mit chronisch und schwer heilenden Wunden vor. Nach Abschluss der Bundesrahmenempfehlung zur Häuslichen Krankenpflege (HKP)-Richtlinie stehen aktuell die Verhandlungen von Versorgungsverträgen für die spezialisierte Wundversorgung auf Landesebene an. Diese ist erst möglich und abrechnungsfähig, wenn die Verträge mit den Krankenkassen abgeschlossen wurden. Zwar sei der Wunsch der Kassen, die Wundversorgung in die Hand der Pflege zu geben, klar vorhanden, aber es gebe noch wenige Abschlüsse. Als positive Beispiele nannte sie erste Verträge mit Wundzentren in Bayern sowie einen ersten Kollektivvertrag in Sachsen. Hürden für die angestrebte Spezialisierung sieht sie bei den Pflegediensten u. a. im Personalmangel, der unklaren Finanzierung, dem Zeit- und Geldmangel für die Weiterbildung und einer erforderlichen Neuorganisation innerhalb des Pflegedienstes. Aus HARTMANN-Sicht ist der Ansatz der Spezialisierung in der Pflege politisch falsch gedacht, denn auch wenn die chronische Wunde in Spezialisten-Hand gehört, müsse nicht jeder Verbandwechsel durch eine Spezialistin oder einen Spezialisten erfolgen. Aus diesem Grunde fordert HARTMANN von der Politik ein ambulantes Therapiemanagement, bei dem spezialisierte Fachkräfte andere anleiten können.
Über die Versorgung mit wirkstofffreien Wundauflagen referierte die Krankenschwester und Pflegeexpertin im Bereich Wundmanagement der Kreiskliniken Reutlingen GmbH, Astrid Probst, in ihrem Vortrag „Wirkstofffreie Wundversorgung, was ist zukünftig realistisch?“. Bevor die Auswahl für eine Wundauflage getroffen werden kann, müssten die Ursache und die Therapie der Wunde geklärt werden, was Aufgabe der Ärzt:innen sei. Das Therapieziel legt das interdisziplinäre Team fest bestehend aus Hausärzt:innen, Homecare-Unternehmen und Pflegedienst. Hier sei insbesondere die Kommunikation der Beteiligten untereinander essenziell. Die wichtigste Voraussetzung für den Therapieerfolg ist für Astrid Probst die Mitarbeit der Patient:innen. Daher sei es vor der Einleitung einer Behandlung sinnvoll, sich ein Bild von dem individuell erreichbaren Zielen der Therapie zu machen. Diese Therapieziele müssten so definiert sein, dass sie zu einem eindeutigen, für Patient:innen nachvollziehbaren Therapievorteil führen. Darüber hinaus sollten sie nicht zu hochgesteckt sein, um Patient:innen nicht von der Therapie zu enttäuschen und zu demotivieren. Konsequenterweise beeinflusst das Therapieziel auch die Therapie der Wunde. In der Reutlinger Klinik werden bei einigen Behandlungen auch Psycholog:innen hinzugezogen, etwa bei Amputationen, da sie für Patient:innen einen massiven Eingriff bedeuten, berichtete Astrid Probst.
In der Klinik wurde ebenfalls beschlossen, keine silberhaltigen Wundauflagen zu verwenden. Dazu verwies sie auf ein Positionsdokument der World Union of Wound Healing Societies (WUWHS) zur Rolle arzneimittelfreier Wundauflagen beim Management von Wundinfektionen.1 Stattdessen werden in Reutlingen Patient:innen mit Infekten mit der HydroClean®- Wundauflage behandelt.
Den erfolgreichen Einsatz der Wundauflage HydroClean® zeigte sie am Beispiel eines Rauchers mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) am Unterschenkel ohne Infektionsanzeichen. Mit Hilfe des MolecuLight-Gerätes konnte sie per Fluoreszenzbildgebung den Keim Pseudomonas aeruginosa in der Wunde bestimmen. Durch das Gerät waren auch Keime und Bakterien in der Wundumgebung zu erkennen, die in der Klinik daher im Rahmen des Débridements auch gereinigt wird. Der Keim hatte sich nach einer feiertagsbedingten Unterbrechung der Therapie vermehrt und wurde im ersten Schritt mit Maden behandelt. Im Anschluss erfolgte eine erfolgreiche Therapie mit der HydroClean®-Wundauflage. Das MolecuLight verwendet Astrid Probst auch zur Patient:innen-Edukation, denn damit wird die Keimbelastung für Patient:innen ersichtlich und die Maßnahmen lassen sich besser erklären und nachvollziehen. Das Verständnis für die Therapie fördert auch die Patient:innen-Compliance. Für den Verbandwechsel erhalten Patient:innen von der Klinik einen Stick mit einem Video, in dem nicht nur die einzelnen Schritte dargestellt, sondern auch die Wundauflagen erklärt werden.
Astrid Probst kam in ihrem Vortrag zu dem Schluss, dass wirkstofffreie Wundauflagen mit der richtigen Diagnose, der richtigen Therapie und dem geeigneten Therapieziel eine Alternative in der Behandlung von infizierten Wunden sind.
Bei Jan Forster, Wundexperte ICW und Fachkrankenpfleger Anästhesie und Intensivpflege im Wundzentrum des Klinikums Links der Weser stand die Balance der Wunde im Fokus seines Vortrags „Exsudatmanagement zwischen Tradition und Zukunft“. Insbesondere bei chronischen Wunden steht das Exsudatmanagement oft im Vordergrund und dann ist das oberste Ziel, die Wunde wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Jan Forster zeigte anhand verschiedener Fallbeispiele, wie Wundreinigung und Exsudatmanagement Hand in Hand gehen können. Bei einer Patientin mit einem entfernten Unterschenkel-Melanom war der Randbereich der Wunde nach Abnahme des Verbandes sehr trocken. Die Patientin berichtete von einer stark nässenden und riechenden Wunde. Um die Wunde in Balance zu bringen, musste die Auflage sowohl eine hohe Exsudatmenge aufnehmen und gleichzeitig ein feuchtes Wundmilieu erhalten. Daher entschied Forster sich für Zetuvit® Plus Silicone. Durch die Silikon-Wundkontaktschicht der Superabsorber-Wundauflage wird die Wundfläche feucht gehalten und das Exsudat zuverlässig absorbiert. Die Patientin hatte weniger Schmerzen, fühlte sich mit dem Verband sicherer und hatte den Eindruck, dass die Wunde weniger riecht. Aus Sicht des Therapeuten besteht nun ein optimales Feuchtigkeitsverhältnis an der Wunde und sie ist somit ausbalanciert.
Eine Wundheilungsstörung stellte Jan Forster am Beispiel einer Patientin mit einem durch pAVK ausgelösten Ulcus Cruris Arteriosum am Unterschenkel vor. Da die Blutversorgung bei der Patientin gegeben war, entschied sich Jan Forster für den Einsatz der HydroClean®- Wundauflage. Sie versetzte den Behandler in die Lage, ein scharfes Wunddébridement zu machen und so das nekrotische Gewebe einfach zu entfernen. Nach einem Monat konnte die Patientin in die ambulante Versorgung entlassen werden.
HARTMANN war in diesem Jahr beim 17. Deutschen Wundkongress übrigens in Geburtstagslaune, denn Zetuvit® Plus ist seit 15 Jahren auf dem Markt. In Deutschlands Superabsorber Nr. 1 haben die Heidenheimer 15 Jahre Erfahrung buchstäblich aufgesaugt, und zwar durch den kontinuierlichen Austausch mit ihren Kunden. Das Resultat ist eine überzeugende Leistung bei Absorption und Retention sowie zufriedene Patient:innen hinsichtlich Tragekomfort und Verträglichkeit bei gleichzeitiger Kosten- und Zeitersparnis.
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