An künstlichen Herzklappen aus Titan besteht stets die Gefahr der Thrombenbildung. Möglicherweise lässt sich diese aber reduzieren: Eine kleine Modifizierung der Metalloberfläche könnte den Unterschied machen.
Etwa 25.000-mal im Jahr werden Menschen in Deutschland künstliche Herzklappen eingesetzt, weil die natürlichen Herzklappen – etwa durch eine Infektion – geschädigt sind. Die mechanischen Herzklappen bestehen unter anderem aus Titan und halten viele Jahre. Metallisches Titan ist stets von einer dünnen Passivierungsschicht aus Titanoxid überzogen. Weil Blut aber dazu neigt, im Kontakt mit diesen Materialoberflächen zu gerinnen, besteht die Gefahr, dass sich auf der Oberfläche der mechanischen Herzklappen Blutgerinnsel bilden. Lösen sich diese, kann es lebensgefährlich werden. Daher bedürfen Patienten mit mechanischen Herzklappen einer dauerhaften Antikoagulation.
Ein internationales Forscherteam hat nun einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, die Blutgerinnung auf dem Herzklappenmaterial Titan wesentlich zu reduzieren. Die Ergebnisse des Teams unter Leitung des Jenaer Materialwissenschaftlers Professor Klaus D. Jandt sind jetzt in Advanced Healthcare Materials veröffentlicht worden.
Die Forscher ließen auf Titanoxid mit kristallografisch verschieden orientierten Oberflächen das Blutprotein Fibrinogen abscheiden. Anschließend wurden die so beschichteten Materialoberflächen Thrombozyten ausgesetzt, deren Aktivität zusammen mit Fibrinogen eine entscheidende Rolle bei der Bildung von Blutgerinnseln spielt.
Dabei zeigten sich auf den verschieden orientierten Materialoberflächen deutliche Unterschiede der Aktivität von Blutplättchen. „Während auf sogenannten (001)-Titanoxid-Oberflächen die Blutplättchen sehr aktiv sind und damit die Blutgerinnung fördern, haben wir den gegenteiligen Effekt auf (110)-Oberflächen gefunden“, sagt die Jenaer Doktorandin Maja Struczynská. „Die Ursache hierfür liegt in dem unterschiedlichen Verhalten von Fibrinogen auf den Materialoberflächen“.
„Der Mechanismus für diesen Effekt ist physikalischer Natur,“ sagt Prof. Jandt und ergänzt: „Fibrinogen nimmt eine bestimmte Faltung auf der hydrophoberen (110)-Fläche mit niedriger Oberflächenenergie an, was wiederum die Zugänglichkeit der von Blutplättchen erkannten primären Aminosäuresequenzen einschränkt und somit ihre Anhaftung minimiert.“ Jandt sieht ein enormes Potenzial darin, diese Materialien bei Herzklappen anzuwenden – dies verringere das Risiko der Blutgerinnselbildung und der damit verbundenen Komplikationen und schone so die Betroffenen.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Alex Shuper, unsplash