Ich habe frisch das Physikum bestanden – und bin einfach nur frustriert. Denn die Suche nach einem Platz für die hausärztliche Famulatur erweist sich als wahre Odyssee.
Auch wenn ich zunächst große Ambitionen hatte: Als 36-jährige Mama fand ich die Lernphase vor dem Herbst-Physikum, die unglücklicherweise mit den Sommerferien kollidiert, wenig attraktiv. Ein 8-Jähriger findet Freibad etc. immer nur mit Oma und Opa einfach nicht so geil und mein Mutterherz verkraftet ein trauriges Kindergesicht nicht.
Egal. Physikum also erst im Frühjahr – mehr Zeit zum Lernen und im „Pausen-Semester” famuliere ich. Gedacht, getan!
An meiner Uni beginnt das 5. Semester zum Winter, d. h. regulär nach dem Herbst-Physikum. Legt man die Prüfung im Frühjahr ab, bedeutet das also ein halbes Jahr Wartezeit. Ein halbes Jahr kann so schrecklich lang sein, vor allem, wenn man vorher immer etwas zu tun hatte.
Genauso unendlich lang erschien mir das Warten auf mein Physikum-Ergebnis. Nach einer Menge Lernstress und Prüfungspanik dauerte es noch etwas länger als einen Monat, bis das Zeugnis endlich in meinen Briefkasten flatterte. Nach bestandenem Physikum und der Info, dass ich direkt (auch ohne klinische Erfahrung) losfamulieren konnte, war ich entschlossen, mindestens zwei 30-tägige Famulaturen abzuleisten.
4 Famulaturen sind Pflicht:
Klar – eine Famulatur ist sicher schöner, wenn man die Theorie vorher schon hatte und besonders viel selbst machen kann. Aus den höheren Semestern weiß ich aber, dass man tatsächlich eh gar nicht so viel selbst machen darf und die, die ich kenne, scheinen alle froh darüber zu sein, ihre Famulaturen zeitig hinter sich gebracht zu haben.
Ich entschied mich also für die stationäre & hausärztliche Famulatur, da man diese nicht splitten darf, es müssen 30 aufeinanderfolgende Tage sein. Ich muss zugeben, dass es einfach war, einen 30-tägigen Famulaturplatz bei meinem ehemaligen Arbeitgeber zu bekommen. Vor meinem Studium war ich als Gesundheits- und Krankenpflegerin im OP tätig. Anders sollte es mit der hausärztlichen Famulatur sein.
Motiviert durch die positive Erfahrung mit der stationären Famulatur, rief ich zunächst meinen Hausarzt an (ich ziehe in Erwägung, diesen nun zeitnah zu wechseln). Noch zu Beginn meines Studiums säuselte mir eine Ärztin dieser hausärztlichen Gemeinschaftspraxis vor, doch zu gegebener Zeit in ihrer Praxis zu famulieren. Heute würde ich grundsätzlich sagen: Glaubt das nicht – die wollen alle nur nett sein! Ohne Angabe von Gründen bekam ich noch am gleichen Abend der gewünschten schriftlichen Anfrage eine Absage, schnell nach Praxisschluss auf die Mailbox gesprochen.
Bei einer telefonischen Anfrage in einer anderen Praxis wusste die Arzthelferin mit dem Begriff Famulatur nichts anzufangen und wimmelte mich mit der Behauptung, dass das mit Datenschutz nicht vereinbar sei, ab. Verrückt.
In der Vorklinik muss man bereits ein kürzeres Praktikum beim Hausarzt machen. Hierfür wurde uns – vermutlich, da das Interesse der Praxen an diesen Praktika bereits bekannt ist – eine Tabelle mit Hausärzten, die mit unserer Uni zusammenarbeiten, zur Verfügung gestellt.
Also schrieb ich die hausärztliche Praxis an, die mir bei meinem Praktikums-Abschlussgespräch auch einen Famulaturplatz in Aussicht gestellt hatte. Die Antwort kam in der folgenden Woche: Man hätte zu viele Bewerber und ich sei ohnehin nicht das, was man sich vorstelle. Ich solle doch vorher 2 Monate in der Inneren famulieren … frustrierend, beides.
Zu viele Bewerber trotz Ärztemangel, also ein optimales Angebot-Nachfrageverhältnis. Dann würde ich wohl den Suchradius ausdehnen müssen. Zwei Monate Innere – warum? Das ist doch keine Vorgabe. Wenn man schon alles wüsste und könnte, wären diese Famulaturen sicherlich auch nicht nötig.
Gestresst davon, meinen Plan scheitern zu sehen, schrieb ich gleich mehrere Praxen in meinem Umfeld einfach formlos an, um zu erfahren, ob eine Famulatur denn überhaupt möglich sei. Ein Gefühl wie in der Oberstufe, in der man zum Teil um einen blöden Praktikumsplatz betteln musste und letztendlich froh war, wenn man überhaupt einen bekam.
Von den drei Praxen, die ich anschrieb, antwortete mir nur eine. Die Antwort lautete in etwa: „Grundsätzlich sei eine Famulatur möglich, aber nicht aufgrund von so einer unpersönlichen Anfrage.“ Ohne große Hoffnung erklärte ich den Grund für das unpersönliche Anschreiben, bat um Entschuldigung und schrieb einige Zeilen zu meiner Person.
Das ganze Suchen dauerte mittlerweile schon zwei Wochen. Ich hatte mich bereits damit abgefunden, dass ich es mit der hausärztlichen Famu in den kommenden Semesterferien versuchen müsste. Vielleicht wäre es wirklich besser, erst einige Vorlesungen besucht zu haben, wer weiß.
Aber dann erhielt ich doch noch eine Einladung zur Vorstellung bei dem Dok, dem ich anfangs zu unpersönlich war. Im Vorstellungsgespräch gab ich offen zu, dass ich noch keine klinische Erfahrung habe und erzählte alles zu meinen privaten Umständen. Ich hatte kein schlechtes Gefühl, aber auch keine große Hoffnung. Aber ich bekam eine Zusage – man hielt mich sogar für taff und ich versprach, mich im Vorfeld in die verschiedenen Untersuchungsarten einzulesen.
Insgesamt finde ich es traurig, dass nicht grundsätzlich jede Praxis dazu verpflichtet ist, einen Famulanten aufzunehmen – schließlich waren diese Ärzte ja selbst mal Famulanten. Ich weiß nicht, wo das Problem liegt oder inwiefern sich Famulanten-aufnehmende von Famulanten-abweisenden Praxen unterscheiden. Aber vielleicht sollte unsere Regierung auch generell mehr Anreize dafür schaffen, statt immer nur den Ärztemangel zu beklagen. Dies sind allerdings nur meine persönlichen Erfahrungen.
Aber was ich bei der Sache wieder einmal gelernt habe: Nicht aufgeben und immer authentisch bleiben!
Gastbeitrag von Jolanthe Maiwald.
Bildquelle: Vladimir Fedotov, unsplash