Eine neue Software kann die Wirkung bereits bekannter, für andere Erkrankungen zugelassener Medikamente im Fall einer metastasierten Darmkrebserkrankung vorherberechnen. Besonders interessant erscheint ein normalerweise gegen Depressionen eingesetzter Wirkstoff.
Neben dem Wirkstoff Citalopram könnten aber auch die zur Therapie von Diabetes beziehungsweise Pilzinfektionen eingesetzten Wirkstoffe Troglitazon und Enilconazol nach den Berechnungen und ersten Tests an Zellkulturen und Mausmodellen Potential für die gänzlich andere Erkrankung besitzen. Für die Entwicklung des Software-Algorithmus haben die Forscher auf eine öffentlich zugängliche Datenbank zurückgegriffen, die Informationen dazu beinhaltet, wie der Stoffwechsel verschiedener Zellen auf die Behandlung mit medikamentösen Wirkstoffen reagiert. Der Stoffwechsel von Tumorzellen unterscheidet sich in vielen Punkten von dem gesunder Zellen. „Wir wollten mit dem Algorithmus aus diesen über 1.000 Wirkstoffen diejenigen identifizieren, die speziell beim metastasierenden, also streuenden Darmkrebs mit ihrer Wirkweise dem Überleben der Krebszellen sowie deren Vermehrung und Streuung entgegenwirken“, erläutert Dr. Sebastian Schölch von der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Dresden, einer der Erstautoren der Studie. So ermittelten die Wissenschaftler, dass das Antidiabetikum Troglitazon, das Antimykotikum Enilconazol und das Antidepressivum Citalopram möglicherweise neue Therapeutika zur Vorbeugung von Metastasen bei Darmkrebs sein könnten, indem sie das Auftreten dieser gefährlichen Absiedlungen reduzieren. Die Forscher überprüften dann die Antikrebs-Wirkung der drei Verbindungen unter Verwendung verschiedener Modelle und zeigten dabei, dass besonders Citalopram das Auftreten von Metastasen des Darmkrebses unterdrücken kann.
„Wir schließen daraus, dass unser Ansatz vielversprechende Ergebnisse für die Ermittlung von neuartigen Arzneimittelkandidaten, insbesondere für die Behandlung von Krebs und Krebs-ähnlichen Erkrankungen liefern wird“, unterstreicht Prof. Moritz Koch, einer der Senior-Autoren der Studie und leitender Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Dresden. „Da die Sicherheit der so gefundenen Medikamente bereits bekannt ist, kann die Einführung solcher Wirkstoffe in die Krebstherapie unter Umständen deutlich schneller vonstattengehen als bei neu entwickelten Medikamenten.“ Originalpublikation: Novel drug candidates for the treatment of metastatic colorectal cancer through global inverse gene expression profiling Sebastian Schölch et al.; Cancer Research, doi: 10.1158/0008-5472.CAN-13-3540; 2014