Patienten mit chronischen oder akuten Lungenkrankheiten neigen zu Bewegungsmangel und Schonhaltungen. Was kann der Lungensport – und ist er schon im ärztlichen Alltag angekommen?
Der medizinische Ansatz, dass körperliche Betätigung auch bei Lungenkrankheiten förderlich sein kann, ist nicht neu. Bereits 1999 formierte sich die AG Lungensport mit dem Ziel, die positiven Auswirkungen von Sport auf Patienten mit chronischen Lungenkrankheiten zu unterstützen. Mit Erfolg: Es gibt 2.200 Lungensportgruppen, das Programm ist Teil medizinischer Leitlinien und in die gesetzlich festgeschriebene Form des Rehabilitationssports integriert.
Wer seine Patienten für die Programme in Erwägung zieht, sollte neben der notwendigen Eingangsuntersuchung auch bestimmte Ausschlusskriterien (z. B. koronare Herzkrankheiten, Herzrhythmusstörungen, instabiles Asthma bronchiale oder akute Thrombose) prüfen. Ist der Schweregrad der Beeinträchtigung durch primäre Atemwegserkrankungen kein Grund, die Therapie zu starten, sind Programme für eine Vielzahl an Krankheitsbildern geeignet. Darunter: Asthma bronchiale, COPD, interstitielle Lungenkrankheiten, Mukoviszidose und pulmonale Hypertonie.
Dass es nach Prüfung der Ausschlusskriterien Vorsichtsmaßnahmen bei der Teilnahme zu beachten gilt und die Programme individuell erstellt werden müssen – auch wenn sie in Folge ambulant erfolgen –, ist den Pneumologen ein großes Anliegen. Im E-Journal „Ambulanter Lungensport und körperliches Training bei Patienten mit Atemwegs- und Lungenkrankheiten“ haben die AG Lungensport und die Deutsche Atemwegsliga auf diese Spezialfälle aufmerksam gemacht:
Unabhängig von Erkrankung und Sportprogramm gilt für alle Patienten: Überlastungen sind zu vermeiden – es geht beim Lungensport nicht darum, Profisportler zu werden. Stattdessen soll eine Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination erlangt, eine Verminderung der Atemnot und Exazerbationen erreicht und dadurch verbesserte Lebensqualität, seltenere Krankenhausaufenthalte und soziale Einbindung gewährleistet werden. Das Sportprogramm sieht dabei in Phasen eingeteilte Trainingselemente vor, die sowohl Kraft- und Ausdauerübungen beinhalten als auch Koordinationsübungen und eine Atemtherapie. Klassische Sportarten wie Schwimmen, Walking, Tanzen, Skifahren, Radfahren oder Joggen können beispielsweise bei COPD auch geeignet sein; Spiel, Wettkampf und Kampfsportarten sind jedoch zu meiden oder stark einzuschränken. Um positive Effekte des Trainings zu erzielen, reichen laut Experten ein bis zwei Einheiten je Woche. Für spürbare Langzeiteffekte brauche es aber mehr.
Auch Patienten mit akuten Beschwerden profitieren vom Sport. So können Ausdauersportarten zur Senkung der Atemfrequenz, Vergrößerung der Gasaustauschfläche und Ökonomisierung der Ventilation führen. Bei Akutpatienten sei es zudem wichtig, auf mögliche Chronifizierungen hinzuweisen, die durch Sport verhindert werden könnte. Ist die intrinsische Motivation des Patienten einmal geweckt, lauert schon der nächste Fallstrick.
Habt ihr euren Patienten gerade das maßgeschneiderte Sportprogramm zusammengestellt, ist es von Vorteil, auch die für den Sport beste Umgebung abzuklären. Im Rahmen einer Studie haben britische Forscher beispielsweise gezeigt, dass körperliche Betätigung an der frischen Luft auch nach hinten losgehen kann: Insbesondere für Städter ist das eine schlechte Nachricht. Wer Sport in der Nähe vielbefahrener Straßen und in Innenstädten treibt, geht ein erhöhtes Risiko ein, Schadstoffe einzuatmen. Dieses Risiko für Bronchospasmen, Asthma und andere Lungenkrankheiten besteht jedoch auch, wenn man Chlor im Schwimmbad oder Stickoxiden und Feinstpartikeln bei Eishockey oder Eiskunstlauf ausgesetzt ist.
„Kurzfristige Belastung durch Verkehrsverschmutzung verhindert die positiven kardiopulmonalen Auswirkungen des Gehens bei Menschen mit COPD, ischämischer Herzkrankheit und solchen ohne chronische Herz-Lungen-Erkrankungen“, so die Studienautoren. Es gilt also, den schmalen Grat zu finden, wer was, wann und wo an körperlicher Aktivität betreiben kann.
Das Angebot an Lungensport wächst zwar – Reha-Sport für andere chronische Erkrankungen, wie Herzkrankheiten, sind aber bereits wesentlich weiter. Zwar gibt es neben dem Lungensport auch die Möglichkeiten der gerätegestützten Krankengymnastik und der Lungenphysiotherapie; ein Sportkonzept mit der Möglichkeit, Übungen auch im Privaten fortzuführen, könnte aber einen nachhaltigeren Effekt bieten.
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