Neues zur Immuntherapie des Lungenkarzinoms: Was bringt der monoklonale Antikörper Cemiplimab? Lest hier mehr.
Die Immuntherapie hat die Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) verändert und die Prognose von Patienten ohne behandelbare Treibermutation verbessert, berichtete Dr. Nikolaj Frost, Charité Universitätsmedizin Berlin, anlässlich des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). „Wir befinden uns beim NSCLC aktuell in einer therapeutischen Situation, die wir uns vor 15 Jahren nicht zu träumen erhofft hatten“, betonte Frost.
Ausdruck dessen sei, „wir seit einigen Jahren einen Knick bei den Überlebenskurven nach oben sehen“, wie Studien bestätigen. Zunehmend wird die Immuntherapie auch im Rahmen neoadjuvanter Therapiekonzepte in frühen Stadien des NSCLC geprüft. Dies könnte neue Perspektiven eröffnen, wie Dr. Danjouma Cheufou, Klinik für Thoraxchirurgie, Klinikum Würzburg Mitte, ergänzt.
Cemiplimab ist ein vollhumaner monoklonaler Antikörper gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf T-Zellen. Es wurde gezeigt, dass Cemiplimab Tumorzellen durch Bindung an PD-1 daran hindert, die T-Zell-Aktivierung über den PD-1-Signalweg zu unterdrücken.
Seit März 2023 ist der PD-1-Inhibitor Cemiplimab in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem NSCLC ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen für die Erstlinientherapie von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC mit einer PD-L1 Expression von ≥ 1 Prozent zugelassen. Die Zulassung umfasst Patienten mit lokal fortgeschrittenem NSCLC (Stadium IIIB/C), die nicht für eine definitive Radiochemotherapie in Frage kommen, sowie Patienten im metastasierten Stadium.
Eine initial abzuklärende Frage für die Therapieentscheidung im fortgeschrittenen Stadium des NSCLC sei das Vorliegen einer Treibermutation, betont Frost. Ist dies nicht der Fall, kann die Immuntherapie eine Option sein. Patienten mit hoher PD-L1-Expression (PD-L1 ≥ 50 Prozent) können eine Immun-Monotherapie wie zum Beispiel Cemiplimab erhalten. Bei einer PD-L1-Expression von ≥ 1 Prozent kann die Kombination aus Cemiplimab und platinbasierter Chemotherapie eine effektive Therapieoption sein. In Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie-Doublette war Cemiplimab bei einer PD-L1-Expression von ≥ 1 Prozent nicht nur beim metastasierten NSCLC (Stadium IV) wirksam, sondern auch im Stadium IIIB/C, wenn eine definitive Radiochemotherapie nicht mehr in Frage kommt.
In der EMPOWER-Lung-3-Studie zeigte die Primäranalyse nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 15,9 Monaten (Cemiplimab plus platinbasierte Chemotherapie) bzw. 16,1 Monaten (platinbasierte Chemotherapie plus Placebo), dass Cemiplimab plus Chemotherapie das relative Sterberisiko der Population mit einer PD-L1-Expression von ≥ 1 Prozent um 45 Prozent (HR 0,55; [95 Prozent-KI: 0,39–0,78]) senkte und das mediane OS um neun Monate (22 vs. 13 Monate) gegenüber der alleinigen Chemotherapie verlängerte.
Der Überlebensvorteil bestätigte sich nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 27,9 Monaten, was auf einen anhaltenden Effekt hindeutet (HR 0,51 [95 Prozent-KI: 0,38–0,69]. Es wurden Patienten mit unterschiedlichen PD-L1-Expressionen in die Studie eingeschlossen, wobei nach PD-L1-Status stratifiziert wurde. 70 Prozent (n = 327/466) der Gesamtpopulation wiesen eine PD-L1-Expression von ≥ 1 Prozent auf.
Die Sicherheit der Erstlinientherapie mit Cemiplimab plus platinbasierter Chemotherapie wurde am Gesamtkollektiv untersucht (n = 466). Immunvermittelte Nebenwirkungen traten bei 18,9 Prozent der Patienten auf und waren meist leicht/moderat ausgeprägt. Die häufigsten immunvermittelten Nebenwirkungen waren Hypothyreose (7,7 Prozent), Hyperthyroidismus (5,1 Prozent), erhöhtes Thyreotropin (TSH) im Blut (4,2 Prozent), immunvermittelte Hautreaktionen (1,9 Prozent), immunvermittelte Pneumonitis (1,9 Prozent) und erniedrigtes Thyreotropin (TSH) im Blut (1,6 Prozent).
Bereits seit 2021 hat Cemiplimab die Zulassung als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC und einer PD-L1-Expression von ≥ 50 Prozent und ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen. In der EMPOWER-Lung-I-Studie sprachen nach drei Jahren Follow-up ca. 39 Prozent der Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥ 50 Prozent auf die Monotherapie mit Cemiplimab an.
Trotz hoher Crossover-Rate von 74 Prozent im Chemotherapie-Arm zeigte sich weiterhin ein signifikanter Überlebensvorteil im Cemiplimab-Arm: Im Median überlebten die Patienten im Cemiplimab-Arm fast doppelt so lange wie im Chemotherapie-Arm (mediane Gesamtüberlebenszeit: 26,1 Monate [95 Prozent-KI: 22,1–31,8] vs. 13,3 Monate [95 Prozent-KI: 10,5–16,2]). Der statistisch signifikante Überlebensvorteil ergibt eine relative Risikoreduktion um 43 Prozent (HR 0,57 [95 Prozent-KI: 0,46–0,71]; p = 0,0001).
Im Cemiplimab-Arm erreichten 8,1 Prozent der Patienten eine komplette Remission (CR). Ein objektives Ansprechen (ORR) zeigte sich bei fast der Hälfte der mit Cemiplimab behandelten Patienten, aber nur bei 21 Prozent der Patienten im Chemotherapie-Arm (ORR: 46,5 Prozent vs. 21,0 Prozent; Odds Ratio 3,26 [95 Prozent-KI: 2,26–4,72]; p < 0,0001). Gleichzeitig war die mediane Ansprechdauer (DOR) unter Cemiplimab viermal so lang wie unter Chemotherapie (DOR: 23,6 [95 Prozent-KI: 16,8–33,0] vs. 5,9 [95 Prozent-KI: 4,3–6,5] Monate). Die 3-Jahres-Daten ergaben keine neuen Sicherheitssignale und zeigten keine kumulierenden Nebenwirkungen.
Dass Patienten im Stadium IIIB/C, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, in einem vergleichbaren Ausmaß von der Erstlinientherapie mit Cemiplimab profitieren, hatte sich bereits für die Monotherapie gezeigt. Diese Ergebnisse bestätigten sich für die Kombination aus Cemiplimab und platinbasierter Chemotherapie und führten zur Zulassung für die Patienten mit PD-L1 ≥ 1 Prozent.
In der Regel kann eine definitive Radiochemotherapie bei Patienten mit einer Einsekundenkapazität (FEV1) von mindestens einem Liter (mit oder ohne Bronchodilatator) oder mehr als 40 Prozent der Norm durchgeführt werden. Zudem sollte die Diffusionskapazität (DLCO) mindestens 30 Prozent der Norm betragen, erläuterte Prof. Markus Hecht, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum des Saarlandes. Für Patienten im Stadium IIIB/C, die diese Kriterien nicht erfüllen, bietet die Kombinationstherapie mit Cemiplimab, unter Berücksichtigung der Zulassung, eine effektivere Option als die bisher verfügbare Chemotherapie.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von Sanofi, die der Redaktion vorliegt. Die entsprechenden Publikationen findet ihr im Text verlinkt.
Bildquelle: National Cancer Institute, Unsplash