Forscher haben einen Schlüsselfaktor identifiziert, der auf natürliche Weise einen hypoglykämischen Schock verhindert. Die Entdeckung könnte dazu beitragen, eine therapeutische Alternative zu Insulin zu entwickeln.
Insulin ist eines der wichtigste Mittel zur Behandlung von Typ-1- und häufig auch von Typ-2-Diabetes. Seit der Entdeckung des Hormons ist mehr als ein Jahrhundert vergangen – in dieser Zeit wuchs das medizinische und biochemische Verständnis darüber, wie Insulin funktioniert und was passiert, wenn es fehlt. Der umgekehrte Weg, wie eine potenziell tödliche Insulinüberempfindlichkeit verhindert werden kann, ist nach wie vor ein Rätsel.
„Obwohl Insulin eines der wichtigsten Hormone ist, dessen Mangel zum Tod führen kann, kann zu viel Insulin auch tödlich sein“, erklärt Pharmakologe Dr. Michael Karin. „Während unser Körper die Insulinproduktion fein abstimmt, kommt es bei Patienten, die mit Insulin oder Medikamenten behandelt werden, die die Insulinausschüttung anregen, häufig zu einer Hypoglykämie – einem Zustand, der unbehandelt zu Krampfanfällen, Koma und sogar zum Tod führen kann. Dieser Zustand wird als Insulinschock bezeichnet.“
Karin und sein Team haben nun einen Schlüsselfaktor identifiziert, der den Körper in der Abwehr von übermäßigem Insulin unterstützt und als natürliches Sicherheitsventil das Risiko eines Insulinschocks verringert: das Stoffwechselenzym namens Fructose-1,6-Bisphosphat-Phosphatase (FBP1), das die Glukoneogenese steuert – ein Prozess, bei dem die Leber während des Schlafs Glukose synthetisiert und absondert, um die Versorgung im Blutkreislauf aufrechtzuerhalten. Menschen, die aufgrund von genetischen Störungen nicht genügend FBP1 produzieren, können in vielen Fällen gesund bleiben und ein langes Leben führen. Wenn der Körper jedoch nicht ausreichend Glukose oder Kohlenhydrate erhält, kann ein FBP1-Mangel zu einer tödlichen Hypoglykämie führen.
Um die Rolle von FBP1 besser zu verstehen, ahmten die Forscher im Mausmodell mit leberspezifischem FBP1-Mangel den menschlichen Zustand nach. Wie beim genetischen FBP1-Mangel schienen die Mäuse zunächst gesund – bis sie keine Nahrung mehr erhielten. Dies führte rapide zu einer schweren Hypoglykämie sowie Leberanomalien und einer Hyperlipidämie. Die Wissenschaftler entdeckten dabei, dass FBP1 mehrere Funktionen erfüllt. Neben seiner Rolle bei der Umwandlung von Fruktose in Glukose hatte FBP1 eine zweite entscheidende Funktion: Die Hemmung der Proteinkinase (AKT), die die Leistelle der Insulinaktivität darstellt. „Im Grunde hält FBP1 AKT in Schach und schützt vor Insulinüberempfindlichkeit, hypoglykämischem Schock und akuter Fettlebererkrankung“, so Erstautor Dr. Li Gu.
Das Team entwickelte anschließend ein von FBP1 abgeleitetes Peptid, das die Verbindung von FBP1 mit AKT und einem anderen Protein, das AKT inaktiviert, unterbricht. „Dieses Peptid wirkt wie ein Insulinmimetikum und aktiviert AKT", so Karin. „Wenn es Mäusen injiziert wird, die aufgrund einer langanhaltenden fettreichen Ernährung insulinresistent geworden sind, kann das Peptid (E7) die Insulinresistenz umkehren und die normale Blutzuckerkontrolle wiederherstellen.“ Da die Forscher vermuten, dass das Peptid keinen Insulinschock auslöst, hoffen sie, dass E7 zu einer klinisch nützlichen Alternative zu Insulin weiterentwickelt werden kann.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of California – San Diego. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Etactics Inc, unsplash.