Die Fähigkeit zur Resilienz beeinflusst die psychische Gesundheit. Das könnte Patienten mit Angststörungen zugutekommen. Wie, lest ihr hier.
Warum triggert Stress bei einer Person die Entstehung einer psychischen Erkrankung, während es anderen Menschen gelingt, trotz widriger Lebensumstände ihre psychische Gesundheit aufrechtzuerhalten? Die neuronalen Schaltkreise, die dieser individuellen Resilienz zugrunde liegen, waren bislang wenig erforscht. Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) haben nun einen Ansatz entwickelt, mit dessen Hilfe diese Resilienzmechanismen aufgedeckt werden könnten.
Soziale Lebewesen bewerten ihre Interaktionen mit Artgenossen, indem sie zwischen der potenziellen Gefahr und dem Benefit der Interaktion abwägen. Auch für den Menschen ist die Fähigkeit, die Qualität sozialer Reize zu unterscheiden, von grundlegender Bedeutung. Es ist bekannt, dass hierbei drei Eigenschaften besonders wichtig sind, nämlich:
Sind diese drei Eigenschaften ausgeprägt, stärkt dies die Resilienz eines Individuums. Umgekehrt gibt es zahlreiche Hinweise dafür, dass bei Patienten mit Angsterkrankungen und stress-assoziierten affektiven Störungen Defizite in diesen Fähigkeiten vorliegen.
Weltweit stellen psychische Erkrankungen eine der häufigsten Ursachen für krankheitsbedingten Erwerbsausfall dar. Vor dem Hintergrund zahlreicher globaler Krisen ist die Entwicklung von gezielten Maßnahmen zur Prävention dieser Erkrankungen wichtiger denn je. Eine naheliegende Möglichkeit zur Prävention stellt die gezielte Stärkung der individuellen Resilienz dar. Um derartige Präventionsansätze maßgeschneidert entwickeln zu können, wollten Forscher nun die zugrunde liegenden neurobiologischen Mechanismen der Resilienz aufklären.
Doch woran erkennt man eine resiliente Maus? Um diese Frage zu beantworten, entwickelten die Wissenschaftler einen tierexperimentellen Ansatz, um die obengenannten Eigenschaften bestmöglich in ein Tiermodell zu übersetzen und detailliert zu untersuchen. Dadurch gelang es ihnen, zu zeigen, dass es – genau wie bei Menschen – auch bei Mäusen Individuen gibt, welche potentiell bedrohliche Reize besonders gut von neutralen sozialen unterscheiden können, und bei denen außerdem die Auslöschung negativer Erinnerungen besonders gut funktioniert.
„Es ist faszinierend zu sehen, dass wir grundlegende Prozesse in der Funktionsweise des Furchtschaltkreises und deren Bedeutung für Resilienz gegenüber sozialem Stress – so wie wir es aus Untersuchungen am Menschen kennen – exakt so in der Maus modellieren können. Resiliente Mäuse zeichnen sich durch die gleichen Fähigkeiten aus wie resiliente Menschen“ erklärt Studienautorin Prof. Marianne Müller. „Bestätigt wurden unsere Verhaltensunterschiede zwischen resilienten und nicht-resilienten Mäusen ferner durch hirnareal-spezifische Unterschiede in sogenannten Transkriptomsignaturen. Diese stellen eine Art Fingerabdruck der genetischen Information dar. Wir haben somit erste Hinweise für die molekularen Grundlagen, welche den unterschiedlichen Verhaltensmustern zugrunde liegen.“
„Somit ist es erstmals gelungen, einen Modellansatz zu modellieren, der es erlaubt, speziesübergreifend die neurobiologischen Mechanismen der Resilienz weiter aufzuklären,“ ergänzt Sarah Ayash, Erstautorin der Studie. „Langfristig wird unser Modellansatz dazu beitragen können, eine individualisierte und zielgerichtete Prävention Stress-assoziierter psychischer Erkrankungen und depressiver Erkrankungen entwickeln zu können.“
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Resilienzforschung gGmbH. Hier gehts zur Originalpublikation.
Bildquelle: Kenny Eliason, unsplash