Max-Planck-Forscher untersuchten Lipidmoleküle, die in Fruchtfliegen wichtige Informationen über die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung an das Gehirn senden. Das Resultat: Die Fette regulieren auf diese Weise den Insulinhaushalt. Der Kaloriengehalt spielt keine Rolle.
Fruchtfliegen im Labor von Suzanne Eaton leben im 5-Sterne-Hotel: ideale Temperaturen, keine Schwankungen, keine Fressfeinde und immer genügend zu fressen. Das Futter hat die Forscher nun besonders interessiert: Wie wirkt es sich auf die Produktion und Ausschüttung von Insulin aus? Für die Laborfliegen hieß es: Futtern für die Forschung – sie bekamen verschiedene Futtermischungen vorgesetzt, die kalorisch absolut identisch, aber von unterschiedlicher Herkunft waren und unterschiedliche Fette enthielten. Der erste Futtertyp basierte auf Hefe und enthielt kurzkettige, gesättigte Fettsäuren. Er bewirkte, dass die Insulinproduktion der Fliegen deutlich hochgefahren wurde. Bekamen die Tiere hingegen den zweiten Futtertyp zu fressen, eine rein pflanzliche Nahrung ohne Hefe, so hatte das den umgekehrten Effekt: Der Blutzucker-senkende Stoff wurde weniger produziert und ausgeschüttet. Die Blut-Hirn-Schranke, so zeigen die Studien der Dresdner Forscher, ist dabei hauptsächlich der Sensor, der an der Grenze zwischen Blutkreislauf und dem Nervensystem Informationen zur Nahrungszusammensetzung aufnimmt und an spezielle Nervenzellen weiterleitet, die dann im nächsten Schritt den Insulinspiegel hoch- oder herunterfahren.
Bei den Fruchtfliegen im Labor hat die richtige Kost sogar die durchschnittliche Lebensdauer erhöht, obwohl das Futter durchaus kalorienreich war. Auch das untermauert die These, dass bei der Insulinregulierung nicht Kalorien entscheidend sind, sondern eher bestimmte Signalelemente, die richtige Zusammensetzung von Fetten. „Wenn man den gleichen Effekt wie mit einer sehr strengen Diät mit extrem reduzierter Kalorienzufuhr erzielen könnten, indem man einfach in der Nahrung die Signalmoleküle unter Kontrolle bekommt – das wäre natürlich fantastisch“, so Suzanne Eaton. Auf den Menschen lassen sich die Ergebnisse von den Fruchtfliegen allerdings nicht so einfach übertragen.
Studien anderer Labore haben die Insulinsignalwege in Mäusen und Menschen verglichen: Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass hier ein wichtiger Ansatz für zukünftige Therapien für Diabetes-Typ-2 liegen könnte. Eines Tages könnten auch die Erkenntnisse der Dresdner Forscher in der Medizin und vor allem in der Prävention hilfreich sein. Denkbar ist, dass ein besseres Verständnis und eine klare Identifizierung der verschiedenen Lipidklassen in unterschiedlichen Nahrungsmitteln ein guter Weg wären, um sorgenfreien Genuss zu ermöglichen: Beispielsweise müssten Diabetes-Patienten dann nicht mehr auf eine extrem kalorienarme Kost achten, sondern könnten Nahrung mit den richtigen Signalelementen ganz ohne Gefahr konsumieren: „Wenn es die richtigen Fette enthält, wäre dann auch ein fettes Schnitzel kein Problem“, so Marko Brankatschk vom Dresdner Max-Planck-Institut. Originalpublikation: Delivery of circulating lipoproteins to specific neurons in the Drosophila brain regulates systemic Insulin signaling Marko Brankatschk, et al.; eLife, doi: 10.7554/eLife.02862; 2014