Alpha-Synuclein Seed Amplification Assay (SAA) – dies ist der Name eines neuen Testverfahrens, das als Parkinson-Biomarker verklumpte Proteine im Hirnwasser nachweist. Der Test ist ein Meilenstein für die frühzeitige Diagnose der Erkrankung.
Bei Parkinson verklumpt im Gehirn das Protein Alpha-Synuclein und lagert sich ab, was zu einer Fehlfunktion und zum Tod der Nervenzellen führt. Erstmals lässt sich das fehlgefaltete Protein Alpha-Synuclein nun im Gehirnwasser von Menschen mit Parkinson nachweisen – und zwar schon vor Ausbruch der motorischen Symptome. Der neue Test könnte eine frühe Diagnose und Behandlung der Erkrankung ermöglichen, bevor das Gehirn zu stark geschädigt ist, so das Fazit einer Studie.
„Dieses Ergebnis komplexer methodischer Entwicklungen der letzten Jahre ist ein Meilenstein für die Parkinson-Forschung sowie ein Durchbruch im Biomarker-Bereich und für die Entwicklung von neuen Therapien“, bestätigt Dr. Kathrin Brockmann, Leiterin der Parkinson-Ambulanz am Universitätsklinikum Tübingen. Das neue Verfahren, der sogenannte Alpha-Synuclein Seed Amplification Assay (SAA), ermöglicht den Nachweis des fehlgefalteten Proteins im Hirnwasser, was ein früher Hinweis auf eine sich anbahnende Parkinson-Erkrankung sein könnte.
An einer multizentrischen weltweiten Studie untersuchten Forschungsteams aus den USA, Israel und Deutschland zunächst mit dem neuen Verfahren 1.123 diagnostizierte Parkinson-Erkrankte, sowie Menschen mit häufigen Vorstadien der Erkrankung und gesunde Personen. Über alle untersuchten Gruppen hinweg fand der Test das fehlgefaltete Protein bei 88 %. Bei Menschen mit einer Parkinson-Vorform hing die Trefferquote stark von der Symptomatik ab: Das Protein wurde bei 97 % der Teilnehmer mit beeinträchtigtem Geruchssinn nachgewiesen, aber nur bei 63 % der Menschen mit REM-Traumschlafstörung.
Bei den meisten Teilnehmern mit einer Parkinson-Vorform, bei denen das Protein im Hirnwasser nachgewiesen wurde, gab es aber noch keine Hinweise auf Veränderungen der Nervenzellen in der Substantia nigra. Die Entdeckung des fehlgefalteten Alpha-Synucleins im Nervenwasser könnte somit sehr früh auf die Entstehung einer Parkinson-Erkrankung hinweisen.
Interessanterweise zeigten sich im Hirnwasser bei Parkinson-Patienten mit genetischen Veränderungen je nach betroffenem Gen ganz unterschiedliche Profile. So wiesen in einer Studie 93 % der Parkinson-Patienten mit Mutationen im GBA-Gen ein klares Alpha-Synuclein-Profil auf, während dies in nur 78 % der Patienten mit Mutation im LRRK2-Gen zu finden war. Betroffene mit zwei Mutationen in den Genen Parkin oder PINK1 zeigten gar kein fehlgefaltetes Alpha-Synuclein im Nervenwasser.
„Die unterschiedlichen Sensitivitäten sind ein Hinweis auf die unterschiedlichen Wege, auf denen sich das fehlgefaltete Alpha-Synuclein im Nervensystem ausbreitet“, erklärt Dr. Brockmann. Somit eignet sich die Nervenwasseranalyse mit diesem neuen SAA zur Identifizierung von Patienten mit fehlgefaltetem Alpha-Synuclein. „Da es derzeit tatsächlich erste Studien mit Impfungen gegen fehlgefaltete Formen des Alpha-Synucleins gibt, ist es wichtig, vorherzusagen, bei welchen Patient:innen fehlgefaltetes Alpha-Synuclein vorliegt, welches das Fortschreiten der Erkrankung treibt“, so Brockmann.
Bisher konnte das verklumpte Eiweiß zu Lebzeiten nicht nachgewiesen werden. Betroffenen kommen für die Diagnose erst dann in die Klinik, wenn sie die klassischen motorischen Symptome bemerken. Zu diesem Zeitpunkt läuft der Erkrankungsprozess im Gehirn aber schon viele Jahre. „Wir sind also eigentlich zu spät mit der Diagnose, weil schon viele Nervenzellen untergegangen sind“, so Dr. Brockmann. „Wir können durch diesen Test nun direkt für jeden Patienten und jede Patientin individuell sagen, ob das verklumpte Alpha-Synuclein vorliegt.“ Damit wird nicht nur die Diagnosestellung, sondern auch die Behandlung der Betroffenen verbessert, so die Wissenschaftler. „Der Test wird zukünftig sicher als Screening-Untersuchung genutzt werden“, sagt Brockmann.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen. Hier gehts zur Originalpublikation.
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