Du bist Zahnarzt und verkaufst deine eigenen Tassen und T-Shirts? Das klingt nicht nur absurd, sondern ist auch potenziell verboten. Ein Gerichtsurteil schafft jetzt Klarheit.
Neues aus dem Gerichtssaal: Ein Dermatologe hatte das sogenannte Emsculpt®-Verfahren als „Beauty-Revolution“ zusammen mit seiner ärztlichen Tätigkeit auf der Website beworben. Die Technologie soll Muskelpartien straffen und nichtinvasiv für einen flachen Bauch und einen straffen Po sorgen; sie arbeitet mit elektromagnetischen Feldern. Außerdem gab es im Online-Store des Hautarztes Produkte einer Skincare-Kosmetikreihe. Dagegen ist die Wettbewerbszentrale vorgegangen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Arzt dazu verurteilt, die Verquickung medizinischer und kaufmännischer Tätigkeiten zu unterlassen. Grundlage des Urteils ist die Berufsordnung, § 3, der Ärztekammer Nordrhein: „Ärztinnen und Ärzten ist untersagt, im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit nicht die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der Therapie sind.“
§ 27 führt den Gedanken weiter aus: „Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Eine Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der eigenen ärztlichen Tätigkeit ist unzulässig.“ Ziel beider Passagen ist, zu verhindern, dass Ärzte ihre Rolle als Experten und Autoritäten nutzen, um den Absatz anzukurbeln.
Die Richter zitieren auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), und zwar:
Alles in allem ergebe sich eine Verquickung der ärztlichen und der anderweitigen gewerblichen Tätigkeit, hieß es weiter.
Der Ansicht des beklagten Arztes, in der ästhetischen Medizin würden weniger strenge Anforderungen gelten als in anderen Bereichen, widersprachen die Richter. Die Berufsordnung und das HWG seien für alle Ärzte relevant. Als generelles Werbeverbot sollte das Urteil indes nicht gedeutet werden. Bereits vor Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Zahnarzt für seine Praxis, sein Labor und seinen Verlag werben darf – und damit Berufsgerichte als Vorinstanzen düpiert. Aber es gibt eben Grenzen.
Doch um einen Einzelfall handelt es sich beim Frankfurter Urteil keineswegs. Die Verbraucherzentrale berichtet von einem Hausarzt, der sich verpflichten musste, die Praxiswebsite nicht mehr seinem Online-Kosmetikshop zu verlinken. Ein anderes Verfahren läuft noch: Über die Website informiert ein Zahnarzt nicht nur über seine Leistungen; er verkauft außerdem Sekt, Kaffee, T-Shirts und Tassen. Auch hier hat die Wettbewerbszentrale beanstandet, dass medizinische bzw. zahnmedizinische Tätigkeiten nicht von sonstigen kommerziellen Angeboten getrennt würden.
Was denkt ihr darüber? Ist es sinnvoll, den Heilberuf konsequent von anderen Tätigkeiten zu trennen – oder wiehert der Amtsschimmel durch Deutschland? Schreibt eure Meinung dazu in die Kommentare!
Quelle
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.10.2021, Az.: 3-10 O 27/21. Das Urteil wurde erst jetzt rechtskräftig.
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