Ein Forschungsteam hat eine Methode entwickelt, FSME-Viren im Hirn zu lokalisieren. Dabei zeigte sich, dass das Virus unterschiedliche Wege einschlägt und verschiedene Zelltypen befällt. Doch woher kommen die Unterschiede?
Das gefürchtete Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME) kann schwere Gehirnentzündungen hervorrufen, die langfristige Behinderungen zur Folge haben können. Derzeit gibt es keine heilende Behandlung für FSME – die wichtigsten Maßnahmen sind die Vorbeugung der Infektion durch die Vermeidung von Zeckenstichen und die Impfung. Eine neue Studie zeigt nun, dass FSME unterschiedliche Zellen in verschiedenen Teilen des Gehirns infiziert, je nachdem, ob das Immunsystem der betroffenen Person aktiviert ist oder nicht.
Mikrobiologin Prof. Anna Överby und ihr Forschungsteam kartierten in einer Stude, wie das FSME-Virus das Gehirn infiziert und eine Enzephalitis verursacht. Dazu entwickelten die Wissenschaftler eine Methode, mit der sie die Viren im Gehirn von Mäusen dreidimensional lokalisieren und somit nachvollziehen konnten, welche spezifischen Teile des Gehirns mit dem Virus infiziert wurden. Die Methode – die auf einer Kombination aus Bildanalysen und Untersuchungen der Genexpression in verschiedenen Zelltypen basiert – funktioniert wie eine Art Landkarte des Virus im Gehirn.
Bei der Kartierung fiel den Forschern auf, dass es einen Unterschied zwischen der Ausbreitung des Virus in den Gehirnen von Mäusen mit und ohne angeborene Immunantwort gibt: Je nachdem, ob das angeborene Immunsystem der Maus auf das Virus reagierte, infizierte dieses unterschiedliche Regionen des Gehirns. Bei detaillierter Betrachtung der infizierten Hirnregionen fiel auf, dass das Immunsystem nicht nur die Ausbreitung des Virus beeinflusste, sondern auch die Zelltypen, die in den betroffenen Hirnregionen infiziert wurden.
Es zeigte sich, dass in den Fällen, in denen das Immunsystem im Gehirn nicht aktiviert werden konnte, die Mikroglia infiziert wurden. Die Aufgabe der Hirn-Immunzellen ist es eigentlich, die Infektion im Vorfeld zu verhindern und zu beseitigen. Bei Mäusen, die ihr Immunsystem im Gehirn aktivieren konnten wurden dagegen vor allem Nervenzellen infiziert. Es ist bereits bekannt, dass das angeborene Immunsystem eine wichtige Rolle dabei spielt, das FSME-Virus daran zu hindern, das Gehirn zu schädigen, aber es war bisher unklar, wo und welche Zellen sie infizieren.
„Die Erkenntnisse darüber, wie sich das Virus im Gehirn verhält und wie es das Immunsystem aktiviert, ist ein entscheidender Schritt für die Entwicklung wirksamer Behandlungen und Präventivmaßnahmen gegen diese schwierige Krankheit“, erklärt Överby. „Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung des Immunsystems für FSME-Infizierte. Außerdem haben wir mit den von uns entwickelten neuen bildgebenden Verfahren und deren Kombination mit der Analyse der Genexpression einzelner Zellen neue Möglichkeiten zur Untersuchung von Viren eröffnet, die das Gehirn infizieren“, so Överby.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Schwedischen Forschungsrats – The Swedish Research Council. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Nik Shuliahin, unsplash