Immer mehr Autofahrer sind unter Drogen unterwegs, so die Zwischenbilanz eines Toxikologen vom Rostocker Institut für Rechtsmedizin. Cannabis rangiert bei den illegalen Drogen an erster Stelle. Ecstasy spielt eine immer größere Rolle.
Drogenkonsum scheint in Mecklenburg, also im westlichen Teil des Bundeslandes von Mecklenburg Vorpommern, nicht nur bei Autofahrern zu einem immer größeren Problem zu werden. „Die Zahl derjenigen steigt, die beispielsweise beim Fahren unter Rauschmitteleinfluss ertappt werden.“ Zu diesem Schluss kommt Jörg Nowotnik, Doktorand im Arbeitsbereich Forensische Toxikologie am Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock. Der Toxikologe hat für den Bereich Mecklenburg über einen Zeitraum von 11 Jahren (2002 bis 2012) etwa 40.000 Untersuchungsaufträge zum Nachweis von Alkohol, illegalen Drogen und Medikamenten und deren Befunde ausgewertet. Die Proben (zumeist Blut) stammen hauptsächlich von straffällig gewordenen Personen (z. B. Verkehrssündern, Räubern, Dieben). Dabei hat der Wissenschaftler eben den neuen Trend ausgemacht: Der Konsum von illegalen Drogen, mit denen beispielsweise Autofahrer im Straßenverkehr unterwegs sind, steigt (übrigens auch in vielen anderen Bundesländern).
„In diesem Jahr haben wir mit bislang 1.000 untersuchten Blutproben von Drogenkonsumenten oder solchen, die als solche verdächtigt werden, bereits einen Höchststand erreicht – und das Jahr ist noch nicht zu Ende“, so Nowotnik. „Unter den Alkoholkonsumenten war die jüngste Person 13, die älteste 91. Mit 13 bis 53 Jahren war die Altersspanne bei den Drogenpositiven Personen deutlich kleiner. Die älteste Person, mit einem medikamentenpositiven Befund war 82 Jahre alt“, sagt Nowotnik.
Cannabis rangiere bei den illegalen Drogen obenan, gefolgt von Amphetamin und Cocain. „Dieser Trend ist zwar nicht neu. Allerdings spielt „Ecstasy“ wieder eine größere Rolle und die Anzahl der im Straßenverkehr erwischten Drogenkonsumenten erreicht eine neue Qualität“, konstatiert der 38-jährige Wissenschaftler. Mit großem Schwung sei die amtliche Beschlagnahmekurve der Substanz in den vergangenen Jahren nach oben geschnellt. Inzwischen habe Ecstasy die Techno-Szene verlassen, konventionelle Discos und den Jugendfreizeitbereich erobert. Doch auch mit Designerdrogen (insbesondere Methylon) und Beruhigungstabletten seien Verkehrsteilnehmer unterwegs. Crystal Meth (kristallines Methamphetamin), spielt dagegen bislang praktisch keine Rolle in Mecklenburg (weniger als 20 Positivbefunde in 11 Jahren), verweist Nowotnik auf seine Ergebnisse. Die würden aber lediglich einen Querschnitt aus der Bevölkerung darstellen, weil nicht der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol und Drogen ermittelt worden sei. Übrigens: Etwa 90 Prozent der erwischten Alkohol- und Drogenkonsumenten sind Männer.
Interessant: Alkoholaufträge sind in der Rechtsmedizin Rostock seit 1993 tendenziell rückläufig. „Bis zum Jahresende werden wir für 2014 nur noch etwa 2.000 Blutproben auf Alkohol untersuchen, also nur doppelt so viele wie auf illegale Drogen und Medikamente. Zum Vergleich: Über 7.000 Alkoholuntersuchungen gab es 1993 in der Rostocker Rechtsmedizin. Vergleicht man die Datensätze der Betroffenen, dann fällt auf, dass das Alter der erwischten Alkoholkonsumenten in den letzten 11 Jahren im Mittel um sechs Jahre gestiegen ist, das heißt von 32 auf 38 Jahre. Bei den Drogenkonsumenten zeige sich ebenfalls ein mittlerer Altersanstieg von immerhin drei Jahren, also konkret von 22 auf 25 Jahre. Eine Ursache dafür sieht der junge Wissenschaftler bei Wiederholungstätern, die über die Jahre mehrfach auffällig werden. Darüber hinaus sei seit Jahren eine hohe Abwanderung sehr junger Menschen aus Mecklenburg zu beobachten. Dies führe generell zu einem höheren Altersdurchschnitt. Und schließlich: „Einige Alkoholkonsumenten scheinen auf Drogen umzusteigen“, vermutet er. Alkoholsünder würden in der Regel eher erwischt als Drogenkonsumenten, weil der Nachweis von Alkohol unkomplizierter sei als der von bestimmten Drogen. An den Promillewerten sehen die Rechtsmediziner wiederum, dass in der Woche intensiver, aber nicht häufiger getrunken wird, als an den Wochenenden. Generell könne man sagen, dass sich die Intensität des Alkoholkonsums bei den Erwischten in den letzten 11 Jahren moderat, aber kontinuierlich verstärkt habe. Dabei sei nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer nicht ertappter Personen auszugehen, so Nowotnik.