Das in alkoholischen Getränken enthaltene Ethanol stört den natürlichen Tränenfilm des Auges. Dies verschlechtert das Sehvermögen bei Nacht und erhöht die Licht- und Blendempfindlichkeit. Geringe Mengen Alkohol reichen dafür schon aus und schränken somit die Fahrtüchtigkeit ein.
Wie stark Alkohol die Reaktionszeit verlangsamt, zeigen die Zahlen: Bei fünf Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden stand mindestens einer der Beteiligten unter Alkoholeinfluss, meldet das Statistische Bundesamt. Die Hälfte davon ereignet sich am Wochenende in der Zeit von 20 bis 24 Uhr.
„Besucher von Diskotheken und Kneipen neigen in ihrer Euphorie dazu, die eigene Fahrtüchtigkeit zu überschätzen und ihren Alkoholkonsum zu verharmlosen“, sagt Prof. Dr. med. Christian Ohrloff, Pressesprecher der DOG aus Frankfurt. Dabei belegen neue Studien, dass Alkohol nicht nur Koordination und Urteilsvermögen des Fahrers einschränkt, sondern auch unmittelbar die Fähigkeit, bei Nacht zu sehen. Experten der Universität Granada testeten Kontrastsehen und Blendempfindlichkeit von 67 Probanden vor und nach dem Verzehr unterschiedlicher Mengen Rotwein. Alle Teilnehmer schnitten nach Alkoholkonsum im Sehtest deutlich schlechter ab als im nüchternen Zustand. Schuld daran sei, so die Autoren der Studie, das im Alkohol enthaltene Ethanol. Es löst die äußere, leicht fettige Schicht des Tränenfilms auf, der das Auge bedeckt. Dadurch verdunsten die wässrigen Bestandteile der Tränenflüssigkeit.
Die Folge ist, dass ein alkoholisierter Fahrer Kontraste schlechter erkennt und empfindlicher auf Licht reagiert. Dieser Effekt zeigt sich verstärkt ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille. Aber auch Probanden, deren Werte unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze lagen, sahen Kontraste schlechter und nahmen vermehrt Lichtschleier wahr. „Entscheidend ist, dass Alkohol generell unser Reaktionsvermögen beeinträchtigt“, sagt Prof. Dr. med. Bernhard Lachenmayr, Vorsitzender der Verkehrskommission der DOG aus München. „Dass das Ethanol darüber hinaus das Sehvermögen einschränkt, stützt nur einmal mehr die Empfehlung, sich alkoholisiert gar nicht erst hinters Steuer zu setzen.“
Denn schon bei geringem Alkoholkonsum und normalen Lichtverhältnissen verschlechtert sich die Sicht für den Konsumenten kaum wahrnehmbar. Dies sei besonders gefährlich, so Lachenmayr: „Viele Kneipenbesucher halten sich noch für fahrtüchtig, wenn sie ein bis zwei Gläser Bier getrunken haben.“ Nach den oben beschriebenen Erkenntnissen stehe dies einmal mehr in Frage. „Demzufolge können schon geringe Mengen Alkohol dazu führen, dass der Fahrer Fußgänger und Straßenschilder zu spät erkennt oder durch die Scheinwerfer entgegenkommender Autos geblendet wird.“ Originalpublikation: Retinal-Image Quality and Night-Vision Performance after Alcohol Consumption José J. Castro et al.; Journal of Ophthalmology, doi: 10.1155/2014/704823; 2014