Weltweit versuchen Ärzte, Apotheker und Gesundheitsbehörden, Ebola zu diagnostizieren. Aktuelle Verfahren haben zwei Nachteile: Sie erfordern entweder modern ausgestattete Labore oder sie sind fehleranfällig. Das könnte sich bald ändern, denn ein Schnelltest ist in der Pipeline.
Ebola hat Ärzte und Apotheker fest im Griff – kaum ein Nachrichtenmagazin bleibt ohne Bilder von Temperaturmessungen am Flughafen. Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) spricht jedoch von einer „teuren und wirkungslosen“ Methode. Viele Patienten leiden zu Beginn nicht an Fieber, obwohl sie infiziert wurden. Eine mathematische Simulation von Isaac Bogoch, Toronto, bestätigt, dass gerade im Luftverkehr sinnvolle Tests erforderlich wären.
Für ihre Modellrechnung analysierten Forscher jetzt Fluggastdaten aus 2013. Gleichzeitig integrierten sie Flugpläne bis Dezember 2014. In entsprechende Prognose flossen auch Zahlen zum aktuellen und erwarteten Krankheitsgeschehen mit ein. Zum Resultat: „Pro Monat verlassen im Schnitt 2,8 Ebola-Infizierte westafrikanische Länder mit dem Flugzeug“, so Bogoch. Besonders hoch sei das Risiko in Guinea, gefolgt von Sierra Leone und Liberia. Hier wären Screenings an den Flughäfen von Conakry (Guinea), Monrovia (Liberia) und Freetown (Sierra Leone) sinnvoll. Arbeiten Gesundheitsbehörden mit Ankunftskontrollen, müssten sie 15 internationale Flughäfen überwachen. Bleibt als Problem, Tests anzubieten, die ihr Ziel auch erreichen.
Ebola-Diagnosen gelten immer noch als schwieriges Unterfangen. Um Ärzten ihre Arbeit zu erleichtern, hat das Robert-Koch-Institut ein Fließdiagramm entwickelt. Bei begründeten Verdachtsfällen benötigen Kollegen Hightech-Geräte, um Ebola-Viren nachzuweisen. „Nachdem wir das Paket mit der Blutprobe in unserem Hochsicherheitslabor geöffnet haben, wird diese zunächst inaktiviert“, erklärt Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). Aktive Viren würden dabei abgetötet. „Nach mehreren Aufbereitungsschritten findet die eigentliche Diagnostik durch eine Polymerase-Kettenreaktion statt, bei der das Erbgut des Virus nachgewiesen wird.“ Schnelltests ermöglichten Ergebnisse bereits zwei bis drei Stunden nach Eingang. Für westafrikanische Länder mit schlecht ausgestatteten Quarantänestationen eignet sich das Verfahren definitiv nicht.
Doch es gibt Alternativen: Alexander A. Green, Boston, beschreibt zusammen mit Kollegen ein neues Testsystem für den Feldeinsatz. Er stellte im Labor künstliche Ribonukleinsäuren her, die komplementär zu einem relevanten Gen sind, etwa aus Ebola-Viren. Das synthetische Molekül, bildlich als „Toehold“ (Zehenhalt) beschrieben, enthält eine Haarnadelstruktur mit ribosomalen Bindungsstellen und Startsequenzen für die Proteinbiosynthese. Beide Strukturelemente sind aufgrund von doppelsträngigen Teilabschnitten inaktiv. Das Reportergen wird nicht abgelesen. „Anstatt bekannte Strukturelemente zu verwenden, haben wir natürliche Prinzipien grundlegend neu aufgebaut“, sagt Green. Bindet eine Target-RNA an die künstliche RNA, öffnet sich besagte Haarnadelstruktur, und deren Gene werden translatiert. Es kommt zur Bildung eines farbigen oder fluoreszierenden Reporterproteins. Mit spezifischen Nukleinsäuren konnte Green bei Ebola den Sudanstamm vom Zairestamm unterscheiden. Mechanism of the Toehold Switch from Wyss Institute on Vimeo.
Damit nicht genug: James J. Collins, Boston, zeigt Möglichkeiten auf, wie sich das System auf etablierten Teststäbchen verankern lässt. „Bislang war die synthetische Biologie auf das Labor beschränkt, auf lebende Zellen oder auf Lösungen in Reagenzgläsern“, sagt der Forscher. „Wir konnten jetzt ein steriles, abiotisches In-Vitro-System herstellen, in dem bestimmte biologische Prozesse ablaufen.“ Forscher haben Teststreifen mit dem neuen System einfach gefriergetrocknet und im Tiefkühlschrank gelagert. Vor der Anwendung mussten sie ihre Systeme mit sterilem Wasser rehydratisieren. Um Ebola-Viren nachzuweisen, reicht eine Blutprobe aus – theoretisch.
Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Wieder einmal zahlen Ärzte ein hohes Lehrgeld, weil sie sich jahrzehntelang kaum für Ebola interessiert haben. Ab wann fremde Nukleinsäuren bei Patienten tatsächlich auftreten, bereitet Experten bis heute Kopfzerbrechen. „Man geht aber davon aus, dass bei allen Infizierten, die Krankheitszeichen haben, also bei allen an Ebola Erkrankten, das Virus im Blut nachweisbar ist“, erklärt Professor Rolf Horstmann vom BNITM. „Wie es sich in der Inkubationszeit verhält, ist aber nicht untersucht.“ Experimente sind aus nahe liegenden Gründen undenkbar. Bleiben noch Studien mit Personen, die sich möglicherweise infiziert haben. Ärzte müssten ihnen regelmäßig Blut abnehmen. Bei der aktuellen Epidemie haben sie wahrlich andere Sorgen. Das Testprinzip selbst muss noch einige Hürden überstehen, um seine Sensitivität und Selektivität unter Beweis zu stellen. Ob es bei der aktuellen Epidemie schon zum Einsatz kommt, ist offen, aber nicht unwahrscheinlich. Schnelltests kommen Patienten auch noch in einigen Jahren zu Gute – so rasch wird sich die Erkrankung selbst beim erfolgreichen Einsatz neuer Impfstoffe nicht ausrotten lassen.