Angsthunde haben stärkere Verbindungen zwischen der Amygdala und anderen Regionen im Gehirn als gesunde Hunde. Diese Ergebnisse könnten Aufschluss über ähnliche Veränderungen bei Menschen mit Angststörungen geben.
Genau wie der Mensch können auch Primaten, Nagetiere und Hunde unter pathologischen Angstzuständen leiden. Bei ihnen allen konnten Veränderungen der neuronalen Aktivitäten in bestimmten Hirnarealen festgestellt werden, die mit Angstzuständen korrelieren. Die Prävalenz von Angststörungen beim Hund ist hoch – es ist die am häufigsten auftretende Verhaltensstörung in der täglichen Praxis.
Forscher konnten bereits zeigen, dass verschiedene neuropsychiatrische Störungen bei Hunden ähnliche neurobiologische Merkmale aufweisen, wie beim Menschen. Bildgebende Studien gibt es aber in diesem Bereich bisher kaum. Eine Forschungsgruppe um den Veterinärmediziner Yangfeng Xu wollte herausfinden, ob bei ängstlichen Hunden ähnliche neuronale veränderungen auftreten, wie beim Menschen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie letzten Monat in PLOS ONE.
Hierfür untersuchte die Gruppe 25 gesunde Hunde und 13 Hunde, bei denen Angszustände diagnostiziert wurden mittels nicht-invasiver funktioneller MRT (fMRI). Die Forscher schauten sich die Gehirne der Tiere im Ruhezustand an, verglichen Netzwerkmetriken und Konnektivität zwischen den beiden Gruppen und ermittelten ihren Zusammenhang mit den erfassten Angstsymptomen.
Die fMRT-Untersuchung im Ruhezustand zeigte, dass die funktionellen Verbindungen zwischen der Amygdala und dem Hippocampus bei ängstlichen Hunden stärker waren als bei ihren entspannten Artgenossen. Innerhalb dieses „Angstkreislaufs“, wie die Forscher das Netzwerk nennen, waren die neuronalen Verbindungen von ängstlichen Hunden stärker. In künftigen Studien kann nun genauer untersucht werden, wie genau angstbezogene Schaltkreise in diesem Teil des Gehirns bei Tieren – und möglicherweise sogar bei Menschen mit dieser Erkrankung – verändert sind.
Verbindungen des Angstkreislaufs (signifikant höher: gelb; signifikant niedriger: blau). Abkürzungen: AMG, Amygdala; FL, Frontallappen; HC, Hippocampus; MES, Mesencephalon und THL, Thalamus. Credit: Xu et al.
Die Autoren schreiben: „Eine stärkere Vernetzung und eine bessere Kommunikationseffizienz können als verbesserte funktionelle Integration für die Informationsübertragung zwischen diesen Hirnregionen und dem Rest des Netzwerks angesehen werden. [...] Die lokale Effizienz in der Amygdala [ist] bei ängstlichen Hunden im Vergleich zu gesunden höher.“
Im Gegensatz dazu sahen die Forscher eine weniger effiziente Kommunikation zwischen Hippocampus und Mesencephalon bei den Hunden mit Angssymptomatik. Sie schreiben: „Es wurde berichtet, dass eine Dysfunktion des Hippocampus und des Mesencephalons beim Menschen mit einem hohen Psychoserisiko verbunden ist [...]. Auch bei Hunden spielen dopaminerge Systeme eine wichtige Rolle bei affektiven Reaktionen wie dem Auftreten von angstbedingten Verhaltensproblemen.“
Aus anderen Studien stamme das Konzept, dass der Hippocampus und die dopaminergen Neuronen des Mittelhirns eine funktionelle Schleife bilden könnten. Es sei gezeigt worden, dass die verstärkte Konnektivität zwischen Hippocampus und Mesencephalon mit Lernen und Informationsverarbeitung verbunden ist. „Somit könnte die geringere Konnektivität zwischen Hippocampus und Mesencephalon in der Patientengruppe unserer Studie der Grund für die verminderte Trainierbarkeitssymptomatik sein.“
Mit einer Kohorte von 25 und 13 Tieren ist diese Studie zu klein, um hier von einer generellen Beobachtung zu sprechen – und doch liefert sie erste Hinweise zu den neuronalen Hintergründen von Angststörungen beim Hund.
Die Autoren fügen hinzu: „Unsere Ergebnisse können [...] zu einem besseren Verständnis der pathophysiologischen Mechanismen und des Krankheitsverlaufs von Angst bei Tieren und Menschen führen und die Entwicklung von individuelleren und wirksameren Therapien unterstützen.“
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