Typ-1-Diabetes wird – anders als Typ-2 der Krankheit – häufig nicht mit Fettleibigkeit und Übergewicht in Verbindung gebracht. Aber stimmt das wirklich? Wissenschaftler haben dies geprüft und mehr als hunderttausend Personen auf die Waage gebeten.
Im Gegensatz zu Typ-2-Diabetes, der häufig bei älteren Erwachsenen und übergewichtigen oder fettleibigen Personen auftritt, ist Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung, bei der fälschlicherweise insulinproduzierende Zellen zerstört werden. Da Typ-2-Diabetes häufig auf einen ungesunden Lebensstil zurückzuführen ist, herrscht die Annahme, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes in der Regel nicht übergewichtig sind.
Ein US-amerikanisches Forscherteam räumt nun mit diesem Mythos auf. In einer Stichprobe verglichen die Wissenschaftler die Daten von etwa 130.000 Probanden und prüften die Prävalenz von Fettleibigkeit unter Nicht-Diabetikern sowie Personen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Das Ergebnis: Amerikaner mit Typ-1-Diabetes waren fast genauso häufig übergewichtig oder fettleibig wie Menschen ohne Diabetes. Demnach litten 62 % der Personen mit Typ-1-Diabetes und 64 % ohne Diabetes unter Übergewicht. Dabei war die Verteilung von übergewichtigen im Vergleich zu adipösen Typ-1-Diabetikern praktisch gleich wie die Verteilung bei Menschen ohne Diabetes.
Trotz der hohen Rate an Übergewicht und Fettleibigkeit gab nur etwas mehr als die Hälfte der Typ-1-Diabetes-Patienten mit Übergewicht oder Fettleibigkeit an, ärztliche Empfehlungen erhalten zu haben, sich mehr zu bewegen oder die Fettaufnahme oder den Gesamtkalorienverbrauch zu reduzieren. Menschen mit Typ-2-Diabetes berichteten hingegen viel häufiger, dass sie Ratschläge zur Änderung des Lebensstils erhielten und diese auch umsetzten.
Dies könnte daran liegen, dass die Kombination von Insulin und intensiver körperlicher Betätigung oder stark reduzierter Kalorienzufuhr bei Typ-1-Diabetikern das Risiko einer Hypoglykämie birgt, so die Studienautoren. „Der Mangel an Beweisen für sichere und wirksame Methoden zur Gewichtskontrolle durch Ernährung und Bewegung bei Menschen mit Typ-1-Diabetes könnte Ärzte davon abhalten, Maßnahmen zur Gewichtsreduktion zu empfehlen“, vermutet Erstautor Dr. Michael Fang.
„Die großen klinischen Studien, die ein auf Ernährung und Bewegung basierendes Gewichtsmanagement geprägt haben, wurden bisher immer bei Patienten mit Typ-2-Diabetes durchgeführt. Wir brauchen jetzt etwas Ähnliches für Patienten mit Typ-1-Diabetes“, fordert Dr. Fang. Dies sei ein Problem, da bei Patienten mit Typ-1-Diabetes neben den klassischen Folgen des Übergewichts noch weitere Risiken hinzukommen. „Unsere Studie räumt mit dem Mythos auf, dass Menschen mit Typ-1-Diabetes nicht von der globalen Adipositas-Epidemie betroffen sind“, sagt Prof. Elizabeth Selvin, Hauptautorin der Studie. „Diese Ergebnisse sollten ein Weckruf sein, dass wir die Adipositas-Epidemie bei Menschen mit Typ-1-Diabetes offensiv angehen müssen.“
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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