Unser Abwasser enthält Antibiotika-Rückstände und ist damit ein Nährboden für Resistenzen – fruchtbarer als bisher angenommen. Wissenschaftler zeigen nun, wie unsere Umwelt die Entstehung selbst fördert.
Mikroorganismen haben antibiotische Moleküle produziert, lange bevor Menschen sie als Arzneimittel entdeckten. Somit ist auch die Fähigkeit vieler Bakterien, sich gegen Antibiotika zu wehren, ein uraltes Phänomen. Seit der Einführung medizinischer Antibiotika haben vermehrt krankheitsverursachenden Bakterien begonnen, Resistenzgene in ihrer DNA anzuhäufen. Dieser Prozess setzt voraus, dass Gene, die zuvor im Chromosom der Bakterienarten verankert waren, beweglich und damit auf andere Arten übertragbar werden.
Auch unser Abwasser enthält Rückstände von Antibiotika, welche die Entwicklung von antibiotikaresistenten Bakterien begünstigen können. In einer Studie konnten Forscher des Zentrums für Antibiotikaresistenzforschung Göteborg nun jedoch zeigen, dass das Abwasser selbst als natürlicher Nährboden fungiert und es Resistenzgenen ermöglicht, ihre Reise von harmlosen zu krankmachenden Bakterien anzutreten. Die Wissenschaftler fanden Hinweise darauf, dass nicht Antibiotika allein die Resistenzbildung anregen: Neben Spezies, die bestimmte Resistenzgene in ihrem Chromosom tragen, müssen ebenfalls bestimmte DNA-Sequenzen vorhanden sein, die die Fähigkeit zur Verlagerung der Resistenzgene bewirken können.
Durch die Untersuchung von tausenden DNA-Proben aus unterschiedlichsten Umgebungen stellten die Forscher fest, dass an einem Ort alle Schlüsselkomponenten zusammenkommen. Dieser Knotenpunkt befindet sich nicht etwa im Darm von Menschen oder Tieren, sondern in Abwasserproben aus der ganzen Welt. „Um die Antibiotikaresistenz zu bekämpfen, dürfen wir uns daher nicht nur darauf konzentrieren, die Ausbreitung der bereits im Umlauf befindlichen resistenten Bakterientypen zu verhindern, sondern müssen auch die Entstehung neuer Bakterien verhindern oder verzögern“, betont Fanny Berglund, Hauptautorin der Studie.
Berglund und ihr Team veröffentlichten bereits mehrere Studien, die zeigen, dass unsere Umwelt eine große Vielfalt an verschiedenen Resistenzgenen beherbergt – und zwar viel mehr als die Resistenzgene, die wir heute in krankheitsverursachenden Bakterien finden. Dies macht die Umwelt zu einer riesigen natürlichen Quelle neuer Resistenzgene, die sich nach und nach zwischen den Arten vermehren – auch in Krankheitserregern. „Es wird viel Wert darauf gelegt, den Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier zu reduzieren. Das ist natürlich wichtig, aber unsere Studie zeigt, dass wir auch auf unsere Entsorgungsstrategien achten müssen, da hier neue Varianten der Antibiotikaresistenz entstehen“, resümiert Berglund.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Schwedischen Forschungsrats – The Swedish Research Council. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Ivan Bandura, unsplash.