Thema | Zusammenfassung |
Definition | - Ein Tauchunfall ist ein potenziell lebensbedrohliches Ereignis, das durch einen Abfall des Umgebungsdrucks beim Tauchen oder aus sonstiger hyperbarer Atmosphäre hervorgerufen wird.
- Es gibt weder national noch international eine eindeutige Definition für den Begriff.
- Zwischenfälle beim Tauchen müssen nicht in Verbindung zur hyperbaren Exposition stehen. Bei einem medizinischen Zwischenfall im zeitlichen Zusammenhang mit dem Tauchen sollte von einem Tauchunfall ausgegangen werden.
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Verdachtsdiagnose | - Die Verdachtsdiagnose Tauchunfall ist wahrscheinlich, wenn aus einem Tauchgerät unter Wasser geatmet wurde (unabhängig vom verwendeten Atemgas oder der Atemgas-Mischung), aus einer Luftansammlung unter Wasser geatmet wurde oder Apnoe-Tauchgänge durchgeführt wurden sowie milde und/oder schwere Symptome vorliegen.
- Die Verdachtsdiagnose sollte gestellt werden, wenn nach einem Tauchgang neue Symptome auftreten, die auf keine anderen Entstehungsmechanismen zurückzuführen sind.
- Besonderheit Apnoetauchen: Wenn ein Apnoetaucher nach einem Tauchgang Symptome eines Tauchunfalls im Sinne der Definition entwickelt, sollte nach Leitlinie vorgegangen werden.
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Dekompressions-krankheit | - Die Blasenbildung scheint der primäre Verletzungsmechanismus bei der Dekompressionskrankheit zu sein. Die Taucher absorbieren Inertgas (Stickstoff beim Luftatmen) in das Gewebe, wenn sie während eines Tauchgangs komprimiertes Gas einatmen. Während des Aufstiegs kann der Partialdruck des gelösten Gases in den Geweben den Umgebungsdruck überschreiten, was zur Bildung von Blasen in diesen Geweben oder im sie durchströmenden Blut führt.
- Unterscheidung in milde Symptome (z. B. Müdigkeit, Hautjucken) und schwere Symptome (z. B. Taubheitsgefühle, Lähmungen, Bewusstseinsstörungen)
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Arterielle Gasembolie | Die arterielle Gasembolie ist eine Form von Tauchunfall, die durch das Vorhandensein von Gasblasen im arteriellen System gekennzeichnet ist. |
Weitere tauchbedingte Erkrankungen | - Neben den genannten Tauchunfällen gibt es weitere relevante Erkrankungen, wie z. B. Barotraumen oder das submersionsbedingte Lungenödem. Diese sollten ebenfalls differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden.
- Ein tauchmedizinisch fortgebildeter Arzt sollte möglichst früh hinzugezogen werden.
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Betreuung und Behandlung von Verunfallten | - Betroffene sollten engmaschig beobachtet werden, ob weitere Symptome dazukommen oder vorhandene sich verschlechtern.
- Eine neurologische Untersuchung ist unbedingt erforderlich und bereits durch Ersthelfer möglich.
- Technische Zusatzuntersuchungen sind icht zur Diagnosestellung erforderlich, können jedoch zur Abgrenzung von Differenzialdiagnosen erforderlich sein.
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Transport | - Es gibt keine prinzipielle Präferenz für ein bestimmtes Transportmittel. Es sollte im Hinblick auf die Gesamt-Transportzeit die schnellste und schonendste Option gewählt werden.
- Geeignete Transportmittel sind Hubschrauber (niedrigste fliegerisch vertretbare Flughöhe), bodengebundene Rettungsfahrzeuge (Risiko bei Fahrten über Bergpässe durch weitere Druckreduktion) und Boote.
- Die Organisation des Transports sollte über die Rettungsleitstelle erfolgen.
- Das Transportziel sollte die nächste geeignete erreichbare Notfallaufnahme sein, möglichst in der Nähe einer Behandlungsdruckkammer, die den von der GTÜM geforderten Standards entspricht.
- Alle verfügbaren Informationen wie die Dokumentation der Tauchgangsdaten (Tauchcomputer), Symptomverlauf und bisherigen Behandlungsmaßnahmen sollten beim Verunfallten verbleiben.
- Eine regelmäßige Wiederholung der klinischen und orientierenden neurologischen Untersuchung ist während des Transports erforderlich.
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Informationen zur Druckkammer-behandlung | - Die Indikation zur Druckkammerbehandlung ist bei milden Symptomen gegeben, die auch nach 30 minütiger Gabe von 100 % reinem Sauerstoff nicht zurückgehen.
- Bei schweren Symptomen besteht grundsätzlich die Indikation zur Druckkammerbehandlung.
- Die erste Druckkammerbehandlung sollte so schnell wie möglich erfolgen. Auch ein verzögerter Behandlungsbeginn kann eine Besserung der Symptomatik bewirken.
- Eine bildgebende Diagnostik ist routinemäßig nicht vor der ersten Druckkammerbehandlung erforderlich.
- Bei Verdacht auf Pneumothorax soll eine bildgebende Diagnostik erfolgen (Thorax-Röntgen, Sonographie oder CT). Wenn eine weiterführende Diagnostik nach notfallmedizinischen Standards indiziert ist, um andere Ursachen auszuschließen, darf dadurch die Druckkammerbehandlung so wenig wie möglich verzögert werden.
- Folgende Maßnahmen können erforderlich sein: Pleuradrainage, Parazentese bei bewusstlosen Patienten, wenn ohne Zeitverzögerung fachkundig möglich, Blasenkatheter.
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Behandlungs-tabellen | Die Standard-Behandlungstabelle ist die „US Navy Treatment Table 6“ oder Modifizierungen dieser Tabelle mit einem initialen Behandlungsdruck von 280 kPa. |
Behandlung von Kindern und Jugendlichen | Kinder und Jugendliche werden bei Tauchunfällen wie Erwachsene behandelt. Hochdosierte Sauerstoffgabe und ggf. Druckkammer-Behandlung sind wichtige Therapieformen. Dosierung von Flüssigkeit und Medikamenten muss alters- und gewichtsadaptiert erfolgen. Eine angepasste Ausstattung sollte Voraussetzung sein. Die Versorgung sollte altersabhängig in Zusammenarbeit zwischen einem Arzt mit Erfahrung in pädiatrischer (Intensiv-)Medizin und dem Druckkammerzentrum erfolgen. |