Anlässlich der aktuellen Ausbrüche des Marburg-Virus in Afrika zeigt sich das Internet wieder von seiner besten Seite: Bei dem Virus handele es sich um ein Lab Leak. Woher die Fehlinformation kommt, erfahrt ihr hier.
Zurzeit kämpfen gleich zwei afrikanische Länder mit Ausbrüchen des Marburgfiebers. Bereits am 25. Februar hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den ersten Ausbruch in Äquatorial-Guinea öffentlich gemacht. Stand 21. März wurden dort 9 laborbestätigte Fälle sowie 20 weitere wahrscheinliche Fälle gemeldet. Die Mortalität ist hoch: Alle der wahrscheinlichen und 7 der 9 bestätigten Fälle verliefen bislang tödlich. Am 21. März wurde der Ausbruch in Tansania seitens der WHO bestätigt; dort wurden bislang 8 Fälle registriert, wovon 5 tödlich endeten (Stand 22. März). Obwohl sie zeitgleich stattfinden, gibt es bislang keine Beweise dafür, dass die beiden Ausbrüche epidemiologisch verknüpft sind.
Ausgelöst wird das Marburgfieber durch das Marburg-Virus – einem engen Verwandten des bekannteren Ebola-Virus. Beide gehören der Familie der Filoviren an; die Krankheitsverläufe bei einer Infektion ähneln sich stark. Das Virus wird über den direkten Kontakt mit Blut, Ausscheidungen und anderen Körperflüssigkeiten der Infizierten übertragen.
Die Inkubationszeit des Marburgfiebers ist variabel und beträgt zwischen 2 bis 21 Tagen. Die Krankheit beginnt mit plötzlichem hohen Fieber, Kopfschmerzen und allgemeinem Unwohlsein. Nach wenigen Tagen gesellen sich schwere Diarrhö, Schmerzen und Krämpfe des Abdomens, sowie Übelkeit und Erbrechen zu diesen Symptomen. 5 bis 7 Tage nach Symptombeginn können weiterhin Blutungssymptome auftreten. Bei einem tödlichen Verlauf verstirbt der Patient etwa 8 bis 9 Tage nach Auftreten der ersten Symptome.
Die Mortalität des Marburgfiebers ist hoch und hängt stark von der verfügbaren medizinischen Betreuung ab. Bei optimaler intensivmedizinischer Behandlung liegt sie bei etwa 25 % – in der Realität ist sie leider mit bis zu 90 % deutlich höher. Eine gezielte virostatische Behandlung des Marburg-Virus ist bislang nicht möglich und bislang ist auch noch keine Impfung verfügbar. Die Behandlung beschränkt sich daher auf symptomspezifische Therapien und den Ausgleich von Wasser- und Elektrolytverlusten.
Wie so oft handelt es sich beim Marburg-Virus um ein zoonotisches Virus: Natürliche Reservoirwirte sind Flughunde der Spezies Rousettus aegupticus. Oft erfolgt die Übertragung auf den Menschen durch das Betreten von Minen oder Höhlen, in denen sich die Flughunde niedergelassen haben. Aber wie schon von SARS-CoV-2 bekannt, reicht das einigen Menschen nicht als Erklärung: Auf Twitter bezeichnen vereinzelte User das Marburg-Virus als ein „Lab Leak“.
Anlass dafür ist die Tatsache, dass das Marburg-Virus nach der Stadt Marburg benannt wurde, wo 1967 der erste dokumentierte Ausbruch stattfand – bei Labormitarbeitern des dort ansässigen Pharmaunternehmens Behringwerke. Also doch ein herangezüchtetes Supervirus, das aus dem Labor zum Menschen gelangt ist? Ganz klares Nein, wie die Virologin Dr. Angela Rasmussen auf Twitter aufdröselt.
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Tatsächlich war das Virus zu diesem Zeitpunkt schlicht noch nicht entdeckt – vielmehr wurde das Virus bei diesem Ereignis erstmalig identifiziert. Wie kam es dazu? Die Krankheitserreger wurden unbemerkt über Meerkatzen aus Uganda eingeschleppt, mit denen die betroffenen Laboranten arbeiteten. Diesen infizierten Tieren wurden Gewebsproben entnommen, mit denen von den Mitarbeitern weitgehend ungeschützt gearbeitet wurde.
Wie Rasmussen erklärt, sind die Umstände damals aber nicht mit heutiger Laborarbeit zu vergleichen. 1967 gab es noch keine modernen Zellkulturen, daher musste man in der Forschung oft auf primäre Zellen zurückgreifen, die direkt aus dem Gewebe von Versuchstieren stammten. Aber nicht nur die zellbasierte Impfstoffforschung steckte damals noch in den Kinderschuhen – auch Sicherheitskonzepte wie persönliche Schutzausrüstung und Biosicherheitswerkbänke gab es noch nicht. Zu diesem Zeitpunkt war auch schlicht nicht bekannt, dass eine Krankheitsübertragung von nicht humanen Primaten auf diesem Wege möglich ist.
Insofern war der Ausbruch in Marburg auch eine bedeutende Erfahrung für die Laborsicherheit und den sicheren Umgang mit biologischen Proben. Und auch wenn die Übertragung zwar im Labor und nicht in freier Wildbahn erfolgte, ist der Ausbruch ein Beispiel für ein Spillover durch Interaktion von Mensch und Tier. Mit einem Lab Lea“, bei dem human veränderte oder entwickelte Viren in Umlauf geraten, hat die ganze Geschichte hingegen nichts zu tun.
Bildquelle: Generiert mit Midjourney