Wer Symptome eines Harnweginfekts zeigt, erhält oft Antibiotika. Besonders älteren Menschen werden diese jedoch unüberlegt verschrieben. Was kann man dagegen tun?
Bei Verdacht auf eine Harnwegsinfektion (HWI) werden besonders älteren, gebrechlichen Menschen schnell Antibiotika verschrieben. Eine internationale Forschungsgruppe hat daher ein Fortbildungsprogramm für medizinisches Fachpersonal entwickelt, das bei der Entscheidung hilft, ob eine Verschreibung notwendig ist. In einer Studie testeten die Forscher nun ihre sogenannte „multifaceted antibiotic stewardship intervention“ und zeigten, dass die übermäßige Verschreibung von Antibiotika bei ältere Menschen mit HWI-Verdacht so tatsächlich reduziert werden kann.
Das interaktive Schulungsprogramm für Fachpersonal bestand aus einer theoretischen Einheit über die optimale Versorgung von Senioren mit Verdacht auf Harnwegsinfektionen. Außerdem wurde den Fachpersonen ein Entscheidungshilfe-Tool mit dazugehörigem Aufklärungs- und Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Die teilnehmenden Ärzte, Gesundheitspfleger sowie Pflegeassistenten erstellten anschließend einen auf ihren jeweiligen Arbeitsplatz abgestimmten Aktionsplan, den sie umsetzten.
Um den Effekt der Schulung zu testen, analysierten die Forscher die Daten von mehr als 1.000 gebrechlichen Personen aus Pflegeheimen. Das Ergebnis: Die Intervention zeigte tatsächlich Wirkung: Die Zahl der Antibiotikabehandlungen bei Harnwegsinfektionen konnte – im Vergleich zu einer Kontrollgruppe – halbiert werden. Während bei der Kontrollgruppe etwa 0,58 Verschreibungen pro Person pro Jahr vorlagen, wurden nach der Intervention nur noch lediglich 0,27-mal Antibiotika angeordnet. Und zwar nicht zum Nachteil der Patientensicherheit: In Bezug auf Komplikationen, Krankenhausaufenthalte oder Todesfälle infolge von Harnwegsinfektionen, gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
„Da antibiotikaresistente Bakterien ein zunehmendes Problem darstellen, ist es wichtig, unnötige Antibiotikabehandlungen zu vermeiden. Ältere Menschen reagieren auch empfindlicher auf die Nebenwirkungen von Antibiotika. Daher ist es fantastisch, dass das Schulungsprogramm den Verbrauch von Antibiotika bei Harnwegsinfektionen bei Senioren halbiert hat, während die Sicherheit unverändert blieb“, resümiert Studienautor Prof. Pär-Daniel Sundvall.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Schwedischen Forschungsrats – The Swedish Research Council. Hier findet ihr die Originalpublikation.
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