Auch wenn das mediale Interesse an Ebola abgeflaut ist – bis Mitte Dezember könnten bis zu 170.000 Menschen an Ebola erkrankt sein, so Schätzungen von Epidemiologen. Wie Fälle aus den USA und Europa zeigen, könnten Ärzte bald einem Verdachtsfall gegenüberstehen. Es ist an der Zeit, sich mit Schutzmaßnahmen zu befassen.
In Westafrika breitet sich Ebola nahezu ungebremst aus. Epidemiologen der Yale School of Public Health in New Haven/Connecticut schätzen, bis Mitte Dezember könnten insgesamt 170.000 Menschen erkrankt und 90.000 verstorben sein. Verantwortliche setzen auf Temperaturscreenings an den Grenzen – eine Methode, die laut European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) als „teuer und wirkungslos“ einzustufen ist: Während der Latenzphase zeigen viele Patienten kein Fieber. Treten Symptome auf, sind Betroffene längst wieder zu Hause – und gefährden auch Ärzte. Gute Vorbereitung für den Ernstfall macht Sinn. Jetzt haben Kliniken die Möglichkeit, bei „Be Prepared“ per Selbstevaluation herauszufinden, ob sie auf die Erstbetreuung von Patienten mit hochpathogenen Erregern ausreichend vorbereitet sind.
Dazu ein Blick auf das Krankheitsbild selbst: Ebola beginnt wie so manche Infektion mit unspezifischen Symptomen. Als Latenzzeitraum nennen WHO-Forscher zwei bis 21 Tage, im Median sind es elf bis zwölf Tage. Charles N. Haas vom Drexel College of Engineering in Philadelphia hält längere Inkubationszeiten für möglich. Klagen Patienten, die in Westafrika waren, über Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Hämorrhagien, sollten alle Alarmglocken läuten. Das Robert Koch-Institut (RKI) rät Ärzten, sofort eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) anzulegen. Bei tödlichen Gefahren kommen laut Richtlinie 89/686/EWG Gegenstände der Kategorie III, Typ 3B, zur Anwendung. Im Detail benötigen Ärzte Handschuhe und Überhandschuhe, eine Schutzbrille, eine FFP3-Maske, einen Schutzanzug mit Kapuze sowie Überschuhe. Wir zeigen, wie eine PSA angelegt und – besonders wichtig – beim Verlassen des betroffenen Bereichs richtig ausgezogen wird. Möglicherweise kontaminierte Außenseiten dürfen nicht mit Haut oder Kleidung in Berührung kommen. Genau bei diesem Schritt haben sich spanische und amerikanische Kollegen sehr wahrscheinlich angesteckt. Alle Ausrüstungsgegenstände landen sofort in reißfesten, flüssigkeitsundurchlässigen Beuteln. Weiter geht es in Richtung Autoklav beziehungsweise Müllverbrennung gemäß Abfallschlüssel 180103.
Zurück zur Medizin: Um von einem begründeten Ebola-Verdachtsfall zu sprechen, benötigen Ärzte weitere Informationen. Hatten Erkrankte Kontakt zu Ebola-Verdachtsfällen, Patienten oder Toten? Flugpassagiere, die vor oder hinter einem Erkrankten saßen, gelten auch als gefährdet. Hier nennt das RKI einen Sitz Abstand in alle Richtungen, auch über den Gang, als Grenze. Befanden sich Menschen in einem afrikanischen Krankenhaus, das Ebola-Verdachtsfälle betreut, sprechen Ärzte auch von Verdachtsmomenten. Bleibt noch das Berühren von Flughunden, Fledermäusen oder Affen respektive das Verspeisen von „Bushmeat“. Beantworten Patienten eine dieser Fragen mit „ja“, liegt ein begründeter Verdachtsfall vor. Kollegen sollten unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt oder ein Kompetenz- beziehungsweise Behandlungszentrum informieren.
Ist eine Person mit klinischem Verdacht auf Ebolafieber nicht ansprechbar, scheitert diese Herangehensweise. Hier rät das RKI allen Ärzten und Pflegekräften, Schutzmaßnahmen einzuhalten und Patienten in Quarantäne zu nehmen. Eine Verlegung unklarer Verdachtsfälle in Sonderisolierstationen sei jedoch nicht erforderlich. Zunächst sollten Standard-Laboruntersuchungen durchgeführt werden, gefolgt von einer Ebola-Ausschlussdiagnostik. Besonders wichtig: „Wenn der Verdacht auf eine Ebolavirus-Infektion bei einem fiebrigen Patienten erhoben wird, der vor kurzem aus Afrika eingereist ist, sollte trotzdem immer zunächst (auch) an Malaria gedacht werden“, heißt es vom RKI. Hier gibt das Institut mehr als 40 Fälle pro Monat an – im Sommer 2013, speziell bei Reiserückkehrern aus Westafrika. Gibt es begründete Verdachtsmomente auf Ebola bei gleichzeitigem Malaria-Nachweis, schlägt die Stunde von Speziallabors. Eine Probe für das Hochsicherheitslabor in Marburg ist als EDTA-Blut oder -Serum zu asservieren. Bevor Kollegen Patienten verlegen oder Blut verschicken, sind sie verpflichtet, mit Kompetenz- und Behandlungszentren für hochkontagiöse und lebensbedrohliche Erkrankungen in Kontakt zu treten.
Bestätigt sich ein Ebola-Verdacht, rät das RKI zu umfangreichen Desinfektionsmaßnahmen. Präparate mit nachgewiesener, mindestens begrenzt viruzider Wirksamkeit gegen behüllte Viren gelten als erste Wahl. Neben üblichen Maßnahmen wie der Händedesinfektion verweist das RKI auf spezielle Anforderungen bei Medizinprodukten. Noch zu den Praxisräumen selbst: Lassen sich per Flächendesinfektion nicht alle kontaminierten Bereiche erfassen, spricht viel für eine Raumdesinfektion über Wasserstoffperoxid- oder Formaldehyd-Verdampfer. Jetzt ist es an der Zeit, mögliche Kontaktpersonen – auch innerhalb von Klinik oder Praxis – zu erfassen. Weitere Maßnahmen erfolgen in Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt. Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ärzte plötzlich einem Ebola-Patienten gegenüberstehen, zwar gering. Wer sich gut vorbereitet, hat aber mit Sicherheit die besseren Karten.