Ist ein Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel sinnvoll? Wissenschaftliche Evidenz dazu ist rar. Es gibt aber Reviews, die für diese Frage zumindest indirekt relevant sind. Eine Übersicht.
Bundesernährungsminister Cem Özdemir plant, an Kinder und Jugendliche gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett und Salz gesetzlich zu verbieten. Werbung für Junkfood einzudämmen, fordern Kinder- und Jugendärzte, Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen seit Jahren. Gegner wittern darin staatliche Bevormundung. Doch was sagen Studien zu diesem politisch heiklen Thema?
Cochrane-Evidenz exakt zu dieser Fragestellung gibt es nicht. Doch man kann sich ihr durch einen Blick auf verwandte Themen annähern. So hat Cochrane Studien zu den Auswirkungen von Werbung bzw. Werbeverboten (allerdings für Tabak und Alkohol) ausgewertet und den Nutzen von Interventionen für einen gesünderen Lebensstil bei Kindern untersucht:
Die bisher verfügbare Evidenz zeigt einerseits, dass sowohl Werbung als auch eine leichte Verfügbarkeit von ungesunden Nahrungs- oder Genussmitteln deren Konsum tatsächlich begünstigt. Andererseits können sich Interventionen, die auf bessere Ernährung in Kombination mit mehr Bewegung abzielen, durchaus positiv auf die Vermeidung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen auswirken.
Ob ein Werbungsverbot für ungesunde Lebensmittel seinen Zweck erfüllen wird, lässt sich auf Basis der bisherigen Studienlage kaum beantworten. Im Fall von Zigaretten gingen in Deutschland verschiedene staatliche Eingriffe wie das Rauchverbot in Gaststätten, die Ausweispflicht an Zigarettenautomaten, höhere Steuern oder eben Werbeverbote insgesamt mit einem starken Rückgang des Tabakkonsums einher. Allerdings bleibt unklar, wie groß der Beitrag jeder einzelnen Maßnahme war, weil es an aussagekräftigen Studien mangelt. Ein Grund dafür sind grundlegende methodische Probleme, solche Maßnahmen zu untersuchen.
Umso wichtiger wäre es, nun begleitend zum Gesetz zusammen mit Experten eine möglichst aussagekräftige Begleitforschung einzuplanen. Sie könnte helfen, die großen Evidenzlücken zu schließen, die es im Bereich der Verhältnisprävention, also der Beeinflussung von gesundheitsbezogenem Verhalten, noch gibt.
Quellen
1. Werbebeschränkungen bzw. ‐verbote für alkoholische Getränke zur Verringerung des Alkoholkonsums von Erwachsenen und Jugendlichen
2. Impact of tobacco advertising and promotion on increasing adolescent smoking behaviours
3. Verhältnispräventive Maßnahmen zur Reduktion des Konsums und der gesundheitlichen Folgen von Süßgetränken
4. Interventionen zur Prävention von Adipositas bei Kindern
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung von Cochrane Deutschland.
Bildquelle: Christopher Luther, unsplash