Eine gängige Methode zur Erkennung von Prostatakrebs ist nicht genau genug, um als Screening-Instrument zu dienen, warnen Wissenschaftler. Die Rede ist von der digitalen rektalen Untersuchung. Wie ginge es besser?
Die digitale rektale Untersuchung (DRU) wird von Ärzten häufig eingesetzt, um die Prostata mit dem Finger auf ungewöhnliche Schwellungen oder Knoten im Enddarm zu untersuchen und so erste Anzeichen von Prostatakrebs bei Männern festzustellen. In einigen Ländern, wie Deutschland, ist sie die einzige Methode, die in einem nationalen Screening-Programm eingesetzt wird.
Neue Ergebnisse der PROBASE-Studie, die am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg koordiniert wird, deuten jedoch darauf hin, dass mit dieser Technik möglicherweise viele Krebsarten in frühen Stadien übersehen werden. Diese Ergebnisse könnten Auswirkungen auf die Früherkennung von Prostatakrebs haben. Die Autoren fordern, dass stattdessen andere Testmethoden in der Routineuntersuchung eingesetzt werden.
Die PROBASE-Studie ist eine multizentrische deutsche Prostatakrebs-Vorsorgestudie an vier Universitätsstandorten (TU München, Hannover, Heidelberg, Düsseldorf) und umfasst 46.495 Männer im Alter von 45 Jahren, die zwischen 2014 und 2019 eingeschrieben wurden. Die Männer wurden seitdem nachuntersucht, um ihren Gesundheitszustand in den Jahren nach dem Screening zu beurteilen. Der Hälfte der Studienteilnehmer wurde sofort im Alter von 45 Jahren ein Bluttest auf prostataspezifisches Antigen (PSA) angeboten, während der anderen Hälfte zunächst eine DRU mit verzögertem PSA-Screening im Alter von 50 Jahren angeboten wurde.
Letztendlich unterzogen sich 6.537 Männer in der Gruppe mit verzögertem Screening einer DRU und nur 57 dieser Männer wurden aufgrund verdächtiger Befunde zu einer Folgebiopsie überwiesen. Nur bei drei von ihnen wurde Krebs festgestellt. Im Vergleich zur Entdeckungsrate mit anderen Methoden, wie z. B. einem PSA-Test, war die Entdeckungsrate mit DRU wesentlich niedriger, sagt Dr. Agne Krilaviciute, Wissenschaftlerin am DKFZ und Hauptautorin der Studie. „Die DRU ergab in 99 % der Fälle ein negatives Ergebnis, und selbst bei den als verdächtig eingestuften Fällen war die Entdeckungsrate niedrig“, so Krilaviciute. „Die Ergebnisse der PROBASE-Studie zeigen, dass bei einem PSA-Test im Alter von 45 Jahren viermal mehr Prostatakrebsfälle entdeckt werden.“
Das Problem: „Krebs im Frühstadium hat möglicherweise noch nicht die Größe und Steifigkeit, um ertastet werden zu können“, so Prof. Peter Albers, Urologe an der Universität Düsseldorf und Erstautor der Studie. Außerdem treten einige Krebsarten in einem Teil der Prostata auf, der mit dem Finger nicht leicht zu erreichen ist. „Eine separate Analyse, bei der MRT-Scans vor Biopsien verwendet wurden, um Krebs in der Prostata zu lokalisieren, zeigte, dass etwa 80 % dieser Krebsarten in einem Bereich liegen, der mit dem Finger leicht zu erreichen sein sollte, und dass die Krebsarten dennoch nicht durch DRU entdeckt werden konnten.“
Die Forscher fordern nun, dass PSA-Tests und MRT-Scans im Rahmen von Screening-Programmen anstelle von DRU eingesetzt werden. „Wenn das Ziel eines Screening-Programms darin besteht, Krebserkrankungen so früh wie möglich zu erkennen und das derzeitige Screening-Instrument diese Aufgabe nicht erfüllt, dann ist das ein grundlegendes Versagen dieses Ansatzes“, so Albers. „In unserer Studie spekulieren wir, dass die DRU nicht nur für die Krebserkennung unbrauchbar ist, sondern auch ein Grund dafür sein könnte, dass die Menschen nicht zur Vorsorgeuntersuchung gehen – die Untersuchung schreckt wahrscheinlich viele Männer ab. In Deutschland beispielsweise liegt die Teilnahmequote am Screening-Programm für Männer zwischen 45 und 50 Jahren bei unter 20 %. Wenn wir stattdessen einen PSA-Test anbieten würden, wären vielleicht mehr von ihnen zur Teilnahme bereit.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der European Society of Urology. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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