Im europäischen Vergleich gehört Deutschland inzwischen zu den Ländern mit den geringsten Antibiotikaverordnungen im ambulanten Bereich.1 National gibt es jedoch drastische regionale Unterschiede zwischen den 16 Bundesländern und sogar auf Bezirksebene.2 Dies liefert Anlass zur Sorge über Unterschiede in der Angemessenheit der Verschreibung in Deutschland.
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Dies gilt nicht nur aufgrund der Entwicklung von Resistenzen, sondern auch, weil Antibiotika das mikrobielle Gleichgewicht verändern, was zu dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen und unerwünschten Nebenwirkungen führen kann (beispielsweise Antibiotika-assoziierte Diarrhö, Pilzinfektionen und erhöhte Infektionsanfälligkeit).
Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2022 untersuchte die kleinräumigen, regionalen Unterschiede der ambulanten Antibiotikaverschreibung.2 Kurz zusammengefasst ergab sich folgendes Blild:
Eine Analyse auf Basis von Daten aus dem Jahr 2018, die alle GKV-Versicherten – also rund 87 % der deutschen Bevölkerung – einschließt,3 zeigt, dass die Gesamtverordnungsrate von Antibiotika in ost- und süddeutschen Bundesländern niedriger ist als in west- und norddeutschen.4Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass sich die regionalen Verordnungsmuster für Antibiotika nach Altersgruppen unterscheiden. Einige ostdeutsche Bundesländer (z. B. Sachsen-Anhalt) hatten überdurchschnittliche Verordnungsraten für Kinder, aber unterdurchschnittliche Verordnungsraten für Erwachsene.2,5
Die höchsten Antibiotika-Verschreibungszahlen finden sich vor allem in Regionen an der westlichen Grenze Deutschlands (ausgenommen Baden-Württemberg), in Rheinland-Pfalz und im Nordosten Bayerns.Verordnungen pro 1000 Personen/Jahr, Stand 2018.
Antibiotika sind zur Behandlung von bakteriellen Infektionen unerlässlich. Daraus resultierende Antibiotikaresistenzen stellen allerdings eine der größten Herausforderungen für die Gesundheitssysteme weltweit dar. Einer der Hauptgründe für die Entwicklung von Resistenzen beim Menschen ist, kurz gesagt, der falsche oder unnötige Einsatz von Antibiotika, z.B. bei viralen Infekten.6 Es ist daher von entscheidender Bedeutung, eine voreilige Verabreichung von Antibiotika zu vermeiden! Die Identifizierung der Ursachen für die anhaltend hohen Verschreibungsraten in bestimmten Regionen könnte hilfreich sein, um wirksame und maßgeschneiderte Maßnahmen zur weiteren Verbesserung und einer verantwortungsvollen Verordnung in diesen Regionen zu entwickeln. Im besten Fall werden dann Antibiotika nur verschrieben, wenn tatsächlich eine behandlungsbedürftige bakterielle Infektion besteht.
Nicht zuletzt, da jede Behandlung mit Antibiotika auch eine Störung des Mikrobioms bewirkt, die mit negativen Begleiterscheinungen einhergehen kann. Besonders bei den häufig eingesetzten Amoxicillinen und Cephalosporinen.7 Diese reichen von kurzfristigen Durchfällen und unangenehmen Pilzinfektionen bis hin zu einem geschwächten Immunsystem und schweren Clostridium difficile-Infektionen.8
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