Menschen mit Trisomie 21 erkranken mit höherer Wahrscheinlichkeit an Leukämie. Wissenschaftler haben nun die Ursache dafür gefunden und konnten klären, warum dies in jahrzehntelanger Krebsforschung nicht auffiel.
Bei vielen Leukämien sind große Teile von Chromosomen verändert. Besonders gefährdet sind deswegen Menschen mit Down-Syndrom. Kinder mit Trisomie 21 haben in ihren ersten vier Lebensjahren ein 100-fach erhöhtes Risiko, an der aggressiven Akuten Myeloischen Leukämie (AML) zu erkranken.
Eine Arbeitsgruppe der Uniklinik Frankfurt hat nun herausgefunden, wie das zusätzliche Chromosom 21 eine AML begünstigen kann. Mithilfe einer Genschere haben sie jedes der 218 Gene auf dem Chromosom 21 auf seine krebsfördernde Wirkung untersucht. Dabei stellte sich heraus, wer für die spezifischen krebsbegünstigenden Eigenschaften des Chromosoms verantwortlich ist: Das Gen RUNX1. In weiteren Analysen konnten die Forscher nachweisen, dass nur eine bestimmte Variante des Gens die Entstehung einer Leukämie befördert. „Andere Varianten von RUNX1 waren sogar in der Lage, die Entartung der Zellen zu verhindern. Das erklärt, warum RUNX1 in mehreren Jahrzehnten intensiver Krebsforschung bislang nicht aufgefallen ist“, erläutert Arbeitsgruppenleiter Prof. Jan-Henning Klusmann.
Das Gen RUNX1 reguliert viele Prozesse, einschließlich der embryonalen Entwicklung und der frühen und späten Blutbildung. Die Störung dieses wichtigen Regulators ist daher ein Schlüsselereignis in der Entwicklung einer AML. „Dank unserer Forschungsergebnisse können wir nun die Ereignisse bei der Leukämieentstehung besser verstehen“, erklärt Klusmann. „Die Studie unterstreicht, wie wichtig es ist, alle Genvarianten bei der Krebsentstehung zu untersuchen. Die Bildung dieser Varianten ist häufig durch bestimmte Mutationen in Krebszellen verändert“, so der Kinderonkologe.
Knochenmarkausstrich beim Kind mit Down Syndrom & Leukämie. Die violett gefärbten unreifen Leukämiezellen (Blasten) verdrängen die normale Blutbildung. Credit: Jan Klusmann.
Die Forschungsresultate helfen, die komplexen Mechanismen der Entstehung von Leukämie besser zu verstehen. „Wir haben damit die Grundlage für die Entwicklung verfeinerter Behandlungsansätze gelegt. Durch unsere biochemische Untersuchungen wissen wir nun, wie genau die Genvariante die Blutzellen verändert. Daraufhin konnten wir spezifische Substanzen einsetzen, die den Krankheitsmechanismus blockieren“, so Klusmann. Ziel sei es, die Fehlsteuerung so zu korrigieren, dass Patienten in Zukunft eine Chemotherapie erspart bleiben kann.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Oskar Kadaksoo, unsplash