Bei der Regulierung der Energiehomöostase bestehen geschlechtsspezifische Unterschiede. Forscher haben jetzt in hypothalamischen Neuronen ein Protein entdeckt, das an der Regulierung und Empfindlichkeit von Sättigungswegen beteiligt ist.
Adipositas ist ein globales Gesundheitsproblem, da die Krankheit weit verbreitet ist und in engem Zusammenhang mit Bluthochdruck, koronaren Herzkrankheiten, Schlaganfall und anderen Stoffwechselstörungen steht. Bei Säugetieren wird das Energiegleichgewicht durch ein homöstatisches System aufrechterhalten, an dem sowohl periphere als auch zentrale Systeme beteiligt sind – Veränderungen des Körpergewichts spiegeln einen unausgewogenen energetischen Zustand wider. Studien haben bestätigt, dass es bei der Art und Weise, wie das Gehirn die Energiehomöostase reguliert, und bei der daraus resultierenden metabolischen Anpassung an ernährungsbedingtem starken Übergewicht, einen deutlichen Geschlechtsdimorphismus gibt.
Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Frauen nach der Menopause – im Vergleich zu Frauen vor der Menopause – eher zu Adipositas neigen. Mehrere Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Anfälligkeit für die Entwicklung von Stoffwechselstörungen und dem Rückgang der Fortpflanzungsfähigkeiten festgestellt. Dies deutet darauf hin, dass Östrogene in diesem Zusammenhang eine schützende Rolle spielen. Das wichtigste Östrogenhormon im weiblichen Körper, Östradiol, reguliert dabei die Energiehomöostase, indem es das Essverhalten verändert. Wie dieses Sexualhormon seine Anti-Adipositas-Wirkung vermittelt, ist jedoch noch weitgehend unbekannt.
Ein Forscherteam unter der Leitung von Cristina García-Cáceres, Leiterin der Astrozyten-Neuronen Forschungseinheit am Institut für Diabetes und Adipositas (IDO), dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und Professorin am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität in München, hat nun ein neuartiges Protein namens Cited1 entdeckt. Es ist in Östradiol-sensitiven Neuronen des Nucleus arcuatus des Hypothalamus stark angereichert. Die Forscher entdeckten, dass dieses Protein für die Integration von Energiespeichern mit reproduktiven Signalen für die metabolische Anpassung bei ernährungsbedingter Adipositas von wesentlicher Bedeutung ist.
Anhand von Mausmodellen stellten die Wissenschaftler fest, dass das Fehlen von Cited1 im Hypothalamus von Weibchen deren Fähigkeiten, angemessen auf Sättigungshormone wie Leptin zu reagieren, auf ein mit Männchen vergleichbares Niveau herabsetzt und somit ihre Anfälligkeit für diätbedingte Adipositas erhöht. Dies zeigt, dass Cited1 an den Sättigungssignalwegen der hypothalamischen Neuronen beteiligt ist und damit zur Feinabstimmung der Nahrungsaufnahme beiträgt.
In dieser Studie liefern die Forscher neue Erkenntnisse, die zu einem besseren Verständnis der Art und Weise beitragen, wie Neuronen über Cited1 endokrine Inputs von Gonaden- und Adipositas-Achsen integrieren und damit zum Geschlechtsdimorphismus bei ernährungsbedingter Adipositas mitwirken.
Die Studie trägt zum Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Adipositas-Pathogenese bei und ebnet den Weg für neue geschlechtsspezifische Medikamente zur Bekämpfung des starken Übergewichts mit weniger Nebenwirkungen. Darüber hinaus eröffnet sie neue Wege zur Untersuchung der Rolle von Cited1 bei der Konvergenz anderer potenzieller neuroendokriner Funktionen, wie Pubertät oder Wachstum.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung von Helmholtz Munich. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Tim Mossholder, Unsplash