Vaginalgele mit Tenofovir wurden ursprünglich zur Prävention von HIV-Infektionen entwickelt. Sie haben jedoch noch weitere Eigenschaften: Studien zufolge gelang es, bei konsequenter Anwendung Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus vom Typ 2 deutlich zu minimieren.
Wissenschaftlich begann alles mit einem großen Misserfolg. Ärzte und Apotheker versuchten, im Rahmen ihrer VOICE-Studie (Vaginal and Oral Interventions to Control the Epidemic) Frauen vor einer HIV-Infektion zu schützen. Viele Probandinnen aus afrikanischen Ländern können oder wollen nicht auf Kondome zurückgreifen. Forscher versorgten aus dieser Gruppe 5.029 Probandinnen mit Tenofovir-Tabletten, mit Tenofovir-Vaginalgel und mit einem Präparat, das Tenofovir plus Emtricitabin enthielt. Großartige Effekte hinsichtlich der erhofften HIV-Prophylaxe sahen sie nicht. Wie schnell klar wurde, hatten weniger als ein Drittel der Frauen ihre Präparate eingenommen, beim Gel war die Therapietreue noch geringer. Trotzdem gibt es interessante Resultate zu berichten.
Jeanne Marrazzo, Forscherin an der University of Washington, präsentierte jetzt eine Auswertung. Bei VOICE waren ursprünglich 1.004 Frauen hinsichtlich der Anwendung von Tenofovir-Gel randomisiert worden. Von ihnen nahmen 527 an Blutuntersuchungen teil, um ihre tatsächliche (Verum) oder vermeintliche Adhärenz (Placebo) überprüfen zu lassen. Anfangs waren 566 Personen negativ hinsichtlich Herpes-simplex-Viren vom Typ 2 (HSV2). Nach Abschluss aller Arbeiten hatten sich 92 Frauen neu mit HSV2 infiziert: 15 unter Tenofovir, weitere 77 hatten keinen Wirkstoff im Blut. Letztere gehörten entweder zur Placebogruppe oder wendeten das Vaginalgel nicht an. Durch das Pharmakon verringerte sich die Inzidenz von 20,2 auf 11,6 Prozent.
Wie Jeanne Marrazzo weiter berichtet, lieferte die CAPRISA 004-Studie noch bessere Resultate – möglicherweise aufgrund einer größeren Adhärenz. Hier nahmen 889 Frauen teil, die entweder Tenofovir oder Placebo bekamen. Unter Verum verringerte sich die HSV2-Inzidenz um 51 Prozent. Bis Ärzte eine allgemeine Empfehlung aussprechen, sind noch offene Fragen zu beantworten. Das könnte bald geschehen: Momentan arbeiten Forscher mit Hochdruck an FACTS 001, einer Phase-3-Studie mit 2.059 Frauen. Dabei prüfen sie sowohl die Rate an HIV- als auch an HSV2-Neuinfektionen.