Ein salzsensitiver Blutdruck reagiert besonders empfindlich auf den Konsum des Gewürzes – vor allem bei Frauen nach der Menopause ist das Phänomen verbreitet. Wissenschaftler identifizierten nun die Ursachen und räumten mit einem Mythos auf.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Frauen bis zur Menopause besser vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen geschützt sind als Männer. In einigen Fällen scheint dies aber nicht zuzutreffen: Wissenschaftler zeigten nun in einer aktuellen Studie, dass Frauen bereits vor den Wechseljahren salzsensitiver sind, was sich auf ihren Blutdruck auswirkt. Die Menopause verstärkt diese Anfälligkeit.
Salzsensitivität bedeutet, dass der Körper dazu tendiert überschüssiges Salz zu speichern, anstatt es auszuscheiden. Von einer Salzsensitivität des Blutdrucks spricht man, wenn der Blutdruck um mehr als 10 % schwankt, je nachdem, wie viel Salz man zu sich nimmt. „Salzsensitivität ist einer der Hauptfaktoren für Bluthochdruck. Wenn man sich Menschen mit behandlungsresistentem Bluthochdruck ansieht, sind die meisten davon salzsensitiv“, erklärt Gefäßspezialist Dr. Eric Belin de Chantemele. Daher sei es wichtig, die Ursache dafür zu kennen.
Der Grund dafür, dass die Sensitivität mit der Menopause steigt, scheint in der genetischen Veranlagung zu liegen: Frauen müssen in der fruchtbaren Zeit im Falle einer Schwangerschaft ihr Flüssigkeitsvolumen verdoppeln können und auch das Hormon Östrogen scheint dazu beizutragen, das Risiko einer Salzsensitivität zunächst abzumildern – zumindest bis die Werte nach der Menopause sinken, sagt Studienleiter Belin de Chantemele. Frühere Arbeiten – die in erster Linie an Männern und Tieren durchgeführt wurden – führten zu dem Irrglauben, Frauen seien generell weniger salzempfindlich, so der Gefäßchirurg.
Tierstudien zeigen, dass weibliche Nieren grundsätzlich besser in der Lage sind, Salz auszuscheiden. Das Problem scheint aber in den Blutgefäßen zu liegen: „Wir glauben, dass es vor allem die Gefäße sind, die sich als Reaktion auf die Natriumzufuhr nicht entspannen, was zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt“, erklärt Belin de Chantemele die auffälligere Reaktion von Frauen auf Salz. „Wenn sich Ihre Blutgefäße stärker erweitern, können Sie Ihren Blutdruck stabil halten, aber wenn sich Ihre Gefäße nicht entspannen, steigt der Druck“, erklärt der Experte. „Sie können Natrium ausscheiden, um Ihr Blutvolumen zu verringern, aber die erste Reaktion sollte die Entspannung der Blutgefäße sein.“ Bei Menschen mit salzresistentem Blutdruck funktioniert dies, bei vielen Frauen jedoch nicht.
Das Forschungsteam stellte weiterhin fest, dass Frauen einen hohen Aldosteron-Spiegel aufweisen – ein Hormon, das den Salz-Wasser-Haushalt im Körper reguliert und sich daher direkt auf den Blutdruck auswirkt. Erhöhte Aldosteronwerte können zu vernarbten Blutgefäßen führen und sogar zu einer Vergrößerung des Herzens beitragen. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass Aldosteron vor allem die Blutgefäße schädigt, einschließlich ihrer Fähigkeit, sich bei Salzkonsum zu weiten, um mehr Blutvolumen aufzunehmen. An Labormäusen bestätigte sich der Effekt.
„Wir glauben, dass Frauen ihre Aldosteronproduktion nicht ausreichend reduzieren können, was sie für eine Salzsensitivität prädisponiert“, sagt Belin de Chantemele. Eine höhere Aktivierung des epithelialen Natriumkanals, der den Körper veranlasst, mehr Salz zu speichern, ist ein weiterer Risikofaktor für Frauen. Auch das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, das den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers reguliert, wird bei Frauen eher unterdrückt. Wirkstoffe, die auf Aldosteron abzielen – wie bspw. Spironolacton oder Eplerenon – könnten hier Abhilfe schaffen.
Der Blutdruck von Frauen ist zwar tendenziell niedriger ist als der von Männern, dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass ihre Blutdruckwerte gesund sind. Frauen scheinen bereits bei einem niedrigeren Schwellenwert oder Druckanstieg Schaden zu nehmen. Insbesondere nach der Menopause sei die Gefahr besonders groß, was jedoch unbemerkt bleiben kann, da mit einem viel niedrigeren Ausgangswert gestartet wird, erklärt Belin de Chantemele.
„Meiner Meinung nach sollte der Schwellenwert für Bluthochdruck bei Frauen niedriger sein“, sagt der Wissenschaftler. „Wenn wir einen anderen Wert hätten, würden wir Veränderungen des Blutdrucks schneller bemerken und könnten schneller eingreifen.“ Um Bluthochdruck vorzubeugen empfehlen die Wissenschaftler jedoch Menschen aller Geschlechter, ihren Salzkonsum einzuschränken.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Medical College of Georgia at Augusta University. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Jason Tuinstra, unsplash