Nach einer Geburt sind Verletzungen des Afters keine Seltenheit. Entsteht daraus eine Stuhlinkontinenz kann das einen schweren, jahrzehntelangen Leidensweg verursachen. Doch bedeuten mehr Verletzungen auch mehr Leid?
Frauen, die während der Geburt Verletzungen des Schließmuskels erleiden, haben ein erhöhtes Risiko anschließend eine Stuhlinkontinenz zu entwickeln. Ein schwedisches Forschungsteam hat nun eine Studie veröffentlicht, die die Auswirkungen auf die Lebensqualität betroffener Frauen Jahrzehnte nach der Geburt analysiert.
Dazu untersuchten die Wissenschaftler Daten von mehr 11.000 Frauen, die in den Jahren 1987 bis 2000 zweimal vaginal entbunden hatten. Die Probandinnen wurden in drei Gruppen unterteilt: Mütter, die keine Schließmuskelverletzungen erlitten sowie Frauen, die sich bei einer der Geburten oder bei beiden Geburten eine Schließmuskelverletzung zuzogen. Dazu wurden Daten aus dem schwedischen Nationalen Geburtenregister und aus Fragebögen zu den Symptomen des Stuhlabgangs sowie zu den psychologischen Auswirkungen und den Folgen der Inkontinenz für das soziale Leben nach 20 Jahren einbezogen.
Von den Frauen, die bei beiden Geburten verletzt wurden, berichteten 10,5 Prozent von zwei oder mehr unkontrollierten Stuhlentleerungen pro Monat; dies wurde als hochfrequente anale Inkontinenz kategorisiert. Der Anteil der Frauen mit niedrigfrequenter Inkontinenz hingegen, lag bei fast 35 Prozent. Von allen Frauen mit zwei Verletzungen geben fast 30 Prozent an, dass die Inkontinenz ihr tägliches Leben beeinträchtigt. Die Mütter, die weniger Verletzungen erlitten, klagten auch über weniger Verlust der Lebensqualität: Von den Frauen mit einer Verletzung des analen Schließmuskels berichteten lediglich 6,4 Prozent über hochfrequentes Auslaufen. 21,7 Prozent dieser Gruppe gaben an, dass die Häufigkeit der Darmentleerungen unterschiedlich sei – weniger als 20 Prozent dieser Gruppe fühlte sich durch die Verletzung im täglichen Leben beeinträchtigt.
Von den Frauen ohne Geburtsverletzung berichten 2,7 Prozent von hochfrequentem und 10,8 Prozent von einer hoch- oder niederfrequenten Inkontinenz, während 8,6 Prozent angeben, dass dies ihren Alltag beeinträchtige. Der Schweregrad dieser Probleme sind also kumulativ zum Verletzungsgrad, was sich auch in der subjektiven Wahrnehmung der Frauen widerspiegelt und deren Beeinträchtigungen. Inkontinenzeinlagen gegen Stuhlgang werden von 2,3 Prozent der Frauen ohne Geburtsverletzungen, etwa 7 Prozent der Frauen mit einer Geburtsverletzung und 8,4 Prozent der Frauen mit zwei Verletzungen verwendet.
Auch die Einstellungen sind unterschiedlich. Bei Frauen ohne Verletzungen wird Stuhlinkontinenz von 28,2 Prozent als „störend“ empfunden. In der Gruppe mit einer Verletzung liegt der entsprechende Anteil bei fast 44 Prozent, bei den Frauen mit zwei Verletzungen dagegen bei 46 Prozent. „Eine Verletzung des analen Schließmuskels erhöht das Risiko einer unkontrollierten Darmausleerung im späteren Leben erheblich. Bei Wiederholung der Verletzung verdoppelt sich das Risiko einer dauerhaften Stuhlinkontinenz. Auch der Schweregrad nimmt zu, mit einer höheren Häufigkeit von Auslaufereignissen, einer schwereren Inkontinenz und einer größeren Beeinträchtigung der Lebensqualität“, fasst Erstautorin Ida Nilsson die Ergebnisse zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of Gothenburg. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Claire Müller, unsplash