Ein Hausarzt, der zu schnell Ferndiagnosen stellt oder einen grippalen Infekt zur lebensbedrohlichen Krankheit erklärt: Dr. Brown Bear aus der Zeichentrickserie Peppa Pig kann bei Zuschauern falsche Erwartungen wecken. Hat die Serie deshalb gesundheitsökonomische Relevanz?
In der Weihnachtsausgabe des British Medical Journal veröffentlichen Ärzte traditionell außergewöhnliche Studien. Die Allgemeinmedizinerin Catherine Bell berichtete dieses Jahr über die britische Zeichentrickserie Peppa Pig. Die Kindersendung, im deutschen Fernsehen „Peppa Wutz“ genannt, wird weltweit in mehr als 180 Ländern ausgestrahlt und könnte laut der Autorin sogar Einfluss auf hausärztliche Ressourcen haben. „Als Hausärztin habe ich mich oft gefragt, warum einige Patienten sofort versuchen, mich wegen leichter Beschwerden zu konsultieren“, schreibt die Ärztin aus dem britischen Eckington. „Als Mutter eines Kleinkindes und Zeugin der Kinderfernsehserie Peppa Pig habe ich vielleicht die Antwort gefunden.“
Neben dem Schweinemädchen Peppa Wutz als Hauptdarstellerin und weiteren Familienmitgliedern spielt Dr. Brown Bear, der Hausarzt, eine tragende Rolle. Er scheut sich nicht vor Hausbesuchen, hat ewig lange Öffnungszeiten, ist telefonisch sofort zu erreichen und immer zur Stelle. Die geschilderten Fälle bilden Bell zufolge keine Realitäten ab. Das zeigt sie anhand mehrerer Fallbeispiele aus der Serie.
Das junge Ferkel hat plötzlich einen erythematösen, makulopapulösen Hautausschlag. Seine Eltern rufen Dr. Brown Bear an. Er empfiehlt, den Patienten ins Bett zu bringen und entscheidet sich dafür, seinen Patienten zu Hause zu besuchen. Vor Ort gibt er auf Wunsch der Familie entsprechende Arzneimittel ab. Das sind gleich mehrere Sünden auf einmal: der Eingriff durch Laien in die Behandlung und das fehlende ärztliche Dispensierrecht. Nicht zuletzt wird er den Hautausschlag kaum ohne weitere Diagnostik zu Leibe rücken können. Im zweiten Fall erkältet sich das 18-monatige Ferkel. Nach erneuter Ferndiagnose und Hausbesuch verschreibt Dr. Brown Bear Bettruhe inklusive warmer Milch. Zwölf Stunden später ist der Patient beschwerdefrei. Erstaunlich, dass wir Menschen deutlich länger leiden. Auch hier handelt es sich um einen gesundheitsökonomisch unangemessenen Hausbesuch. In diesem Fall wäre eine Selbstmedikation durchaus möglich gewesen, zumindest nach entsprechender Anweisung. Noch schlimmer ergeht es dem dreijährigen Pony im Kindergarten. Nach mehreren Hustern rast Dr. Brown Bear mit Sirenen heran. Er untersucht nicht, er diagnostiziert nicht, aber verschreibt Medikamente. Der Hinweis, dass Husten ansteckend ist, darf nicht fehlen. Der grippale Infekt wird zur lebensgefährlichen Krankheit erklärt.
Bell betont zwar, Peppa Pig leiste einen Beitrag, um Gesundheitsthemen zu transportieren. Viele Darstellungen würden jedoch zu überzogenen Erwartungen führen, so Bell. Sie vermutet, dass Eltern und ihre Kinder in unangemessener Weise Ressourcen des Gesundheitssystems in Anspruch nehmen. Was die Kollegin nicht schreibt: Kindern wird ein über alle Maßen schräges Bild von der Schwere mancher Krankheiten vermittelt. Augenzwinkernd schreibt die Ärtin am Ende ihres Berichts: „Conflicts of interest: None declared. It may look like my child is sponsored by Peppa Pig, but any claims to this effect are false.“