Duodenoskope sind selbst nach gründlicher Reinigung oft mit besorgniserregenden Bakterien kontaminiert. Dabei gibt es eine Alternative – aber wie gut ist sie wirklich?
Diagnostik von Gallenwegserkrankungen ohne die endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP)? Kaum vorstellbar. Das endoskopische Verfahren hat einen festen Platz in der Behandlung pankreatischer und biliärer Pathologien. Als invasive diagnostische und therapeutische Maßnahme ist die ERCP allerdings nicht risikofrei: In etwa 4 % der Fälle kommt es zu einer Post-ERCP-Pankreatitis, bei Risikopatienten fällt diese Quote noch höher aus.
Die Pankreatitis ist allerdings nicht die einzig mögliche Komplikation einer ERCP: In den letzten Jahren wurden im Nachgang von ERCPs vermehrt Infektionen mit mehrfach-resistenten Enterobakterien beobachtet. Mit einer geschätzten Inzidenz von 1 % sind solche Infektionen nach ERCP zwar noch recht selten – kommt es jedoch dazu, führen sie schnell zu Krankenhauseinweisungen, Sepsis und Tod.
Als Übeltäter stehen mikrobiell kontaminierte Duodenoskope unter Verdacht. Bei der Entnahme von Gewebe oder Darminhalt gelangen pathogene Erreger wie Klebsiella pneumoniae oder Escherichia coli in den Gerätekanal – und durch den komplexen Aufbau sind sie auch nicht mehr so leicht raus zu bekommen. Eine Analyse kam zum Schluss, dass auch nach gründlicher, protokollgerechter Desinfektion immerhin noch 15,25 % der Duodenoskope kontaminiert waren, wenn sie zum Wiedereinsatz freigegeben wurden.
Ein besseres und sichereres Design ist also gefragt. Eine Möglichkeit wäre natürlich das Nutzen von Wegwerfprodukten: „Einweg-Duodenoskope würden das Risiko einer Schädigung des Patienten durch übertragene Krankheitserreger beseitigen“, stellen Dr. Melinda Wang und Dr. Graham M. Snyder in einem Editorial in JAMA Internal Medicine fest. Allerdings ist zu bedenken: „Einweg-Duodenoskope sind teuer, können bei anspruchsvollen Eingriffen den normalen Duodenoskopen technisch unterlegen sein und verursachen zusätzlichen medizinischen Abfall, der sich auf die Umwelt auswirkt.“
Deutlich attraktiver sind dementsprechend Duodenoskope mit Einwegaufsatzkappen (disposable elevator cap, DEC). Diese versprechen eine ähnliche Performance wie Standard-Duodenoskope mit dem Vorteil eines erhöhten Schutzes vor Kontaminationen. Und sie produzieren weniger Müll, als ein komplettes Einweggerät. Eine Studie in JAMA Internal Medicine untersuchte nun erstmals systematisch, wie sich DEC-Duodenoskope in Sachen Performance und Kontamination gegen die Standardmodelle schlagen.
Durchgeführt wurde die randomisierte Studie in zwei verschiedenen kanadischen ERCP-Zentren. Insgesamt 518 Patienten nahmen an der Studie teil, die sich im Zeitraum von Dezember 2019 bis Februar 2022 einer ERCP unterzogen – entweder mit einem Standard- oder einem DEC-Duodenoskop. Das durchschnittliche Alter der Probanden lag bei 60,7 Jahren, 49,8 % waren weiblich. Zwischen den gleichgroßen Studiengruppen wurden keine signifikanten Unterschiede beobachtet; der Schwierigkeitsgrad der ERCPs war ähnlich.
Primär wurde der technische Erfolg der ERCPs betrachtet, sowie die persistente mikrobielle Kontamination der Duodenoskope nach High-Level-Desinfizierung – ein sinnvoller Surrogat-Endpunkt für sicher Duodenoskop-assoziierte Infektionen, die sehr selten vorkommen. Um diese tatsächlich beobachten zu können, müsste die Studienpopulation deutlich größer sein – 40.000 schätzen die Autoren –, was nur schwer zu realisieren wäre.
Wie erwartet ließ sich in punkto Kontaminationshäufigkeit ein deutlicher Vorteil für die Einweggeräte beobachten: Während bei 11,2 % der ERCPs mit Standard-Duodenoskopen hinterher eine mikrobielle Kontamination festgestellt werden konnte, war das nur bei 3,8 % der Prozeduren mit Wegwerfaufsatz der Fall – eine Risikominimierung um 66 % (RR 0,34; 95 % CI 0,16–0,75). Das entspracht einer Number-Needed-to-treat von 13,6, um eine persistente Kontamination zu vermeiden.
Dabei hatte das verwendete Duodenoskop keinen Einfluss auf die Effektivität der Prozedur. Der Erfolg der Eingriffe war ähnlich und das DEC-Duodenoskop nicht unterlegen (Erfolgsquote 94,6 % vs. 90,7 % bei Standard-Duodenoskop). Auch in Hinblick auf die Sicherheit (Mortalität, Verträglichkeit, und unerwünschte Ereignisse wie Cholangitis oder Perforierungen) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Kohorten.
Kurz und knapp zusammengefasst heißt das also: Die Verwendung eines DEC-Duodenoskops konnte das Kontaminationsrisiko mindern, ohne die Performance oder die Sicherheit der Prozedur einzuschränken. Entsprechend kommen die Autoren des begleitenden Editorials zum Schluss: „Die Ergebnisse der ICECAP-Studie unterstützen die Empfehlungen der FDA für Endoskopiker, bei diagnostischen und therapeutischen ERCP-Verfahren auf Duodenoskope mit neuartigem Design umzusteigen, wie z. B. Instrumente mit Einwegaufsatzkappen.“
Sie betonen allerdings auch, dass noch zusätzliche Maßnahmen implementiert werden müssen, um das Risiko der Erregerübertragung durch eine ERCP zu verringern. In Frage kämen beispielsweise noch gründlichere Sterilisierungsmethoden, die aktive Überwachung von Patienten in Hinsicht auf Trägerschaft von resistenten Keimen und engmaschiges mikrobiologisches Sampling vor der Wiederverwendung von Duodenoskopen.
Bildquelle: Sandy Millar, unsplash