Eine 67-jährige Frau kommt vier Wochen nach einer abgeheilten Gürtelrose mit erneuten dermatologischen Beschwerden zum Arzt. Ein Herpes zoster ist es diesmal nicht. Doch was ist dann der Auslöser?
Nach einer Infektion mit dem Varizella-zoster-Virus kann es nach langer Zeit zu einer Zweitmanifestation kommen – der Gürtelrose, auch Herpes zoster. Sie tritt vermehrt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf und zeigt sich als juckendes Exanthem, das häufig mit Fieber einhergeht.
So erging es auch einer 67-jährigen Frau, deren Herpes zoster zunächst erfolgreich mit systemischen Virostatika behandelt wurde. Die Patientin hatte einen unkomplizierten Behandlungsverlauf; es kam zu einer Krustenbildung und schließlich zur Abheilung der Läsionen.
Vier Wochen später entwickelte sie jedoch neue Hautläsionen im selben Dermatom, das zuvor von der Gürtelrose betroffen war. Die Patientin wurde daraufhin mit verschiedenen topischen Medikamenten behandelt – diese zeigten jedoch keine Wirkung. Zur weiterführenden Diagnostik überwiesen die Ärzte sie schließlich an eine Klinik. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich dort erythematöse, gespannte, vesikulobullöse, verkrustete Hautläsionen an der Stelle des abgeheilten Herpes zoster.
Vesikulobullöse und verkrustete Hautläsion an der Stelle eines abgeheilten Herpes zoster (C-5-Dermatom). Credit: Awad Hasan Al-Tarawneh (2022).
Die Ärzte entnahmen läsionale und periläsionale Hautbiopsien und schickten sie zur histologischen Routineuntersuchung und direkten Immunfluoreszenzuntersuchung ein. Die histopathologische Untersuchung der mit Hämatoxylin und Eosin gefärbten Schnitte zeigte eine subepidermale Blase, die Eosinophile und Neutrophile enthielt, eine eosinophile Spongiose, ein leichtes oberflächliches perivaskuläres lymphatisches Zellinfiltrat, das Eosinophile und Neutrophile enthielt, und ein papilläres Hautödem.
Links: Subepidermale Risse mit einem entzündlichen Zellinfiltrat mit Neutrophilen und Eosinophilen in der Blasenhöhle. Rechts: Eosinophile Spongiose, Neutrophile und Eosinophile im Blaseninhalt und im Entzündungszellinfiltrat. Credit: Awad Hasan Al-Tarawneh (2022).
Die direkte Immunfluoreszenz-Untersuchung zeigte eine lineare Ablagerung von IgG-Autoantikörpern an der dermo-epidermalen Grenzfläche.
Mithilfe der weiterführenden Diagnostik konnten die Ärzte schließlich die Diagnose lokalisiertes zosteriformes bullöses Pemphigoid stellen – als seltene Manifestation der Wolfschen Isotopenreaktion. Die Patientin wurde mit Prednisolon (Dosierung 0,5 mg/kg KG/Tag) und topischem Betamethason behandelt. Die Läsionen sprachen sehr gut auf die topische Behandlung an und verschwanden innerhalb von drei Monaten.
Die Wolfsche Isotopenreaktion, auch Wolfs isotopische Antwort oder Wolfs Phänomen, ist ein dermatologisches Phänomen, bei dem eine sekundäre, neue Hauterkrankung an der Stelle einer zuvor abgeheilten Erkrankung auftritt. In den meisten Fällen geht der Sekundärerkrankung eine Zosterinfektion voraus; mittlerweile sind aber auch andere auslösende Faktoren, wie eine kutane Leishmaniose, Tinea oder Varizellen, bekannt. Zwischen beiden Erscheinungsformen können Tage, Monate, aber auch Jahre liegen. Auch wurde von verschiedenen Sekundärerkrankungen als Manifestation der Wolfschen Isotopenreaktion berichtet, darunter Lichen planus, Lichen sclerosis et atrophicus, Morphaea oder das bullöse Pemphigoid.
Das lokalisierte bullöse Pemphigoid ist eine seltene Variante des bullösen Pemphigoids, welche sich in der Regel an mechanisch oder physikalisch beanspruchten Stellen entwickelt. Beim lokalisierten, zosteriformen, bullösen Pemphigoid handelt es sich um eine seltene Variante dieses Phänomens.
Die Pathogenese der Wolfschen Isotopenreaktion ist nicht genau bekannt. Lora et al. vermuten, dass persistierende virale, bakterielle oder sonstige Antigene die lokale Überempfindlichkeitsreaktion hervorrufen könnten. Auch neurogene und immunologische Ursachen wurden diskutiert. Happle et al. zweifeln die Isotopenreaktion als eigenständiges Phänomen in Abgrenzung zum Köbner-Phänomen gar ganz an.
Dieser Artikel basiert auf einem Bericht von Awad Hasan Al-Tarawneh.
Bildquelle: Romina Farías, Unsplash