Aktuelle Berechnungen zeigen, dass eine spezielle telemedizinische Überwachung und Betreuung das Überleben und die Lebensqualität von Herzinsuffizienz-Patienten nachhaltig verbessern kann.
Die Herzinsuffizienz ist der Nummer-1-Grund für Krankenhauseinweisungen in Deutschland. Mit jeder kardialen Dekompensation und folgenden Krankenhauseinweisungen verschlechtert sich die Prognose für Patienten deutlich. In Deutschland leiden fast 4 Millionen Menschen an Herzschwäche – Tendenz steigend. Mehr als die Hälfte der Patienten hat fünf oder mehr Begleiterkrankungen. Die Pflege und Versorgung von Menschen mit Herzinsuffizienz ist daher in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll. Umso wichtiger ist eine umfassende Behandlung und Betreuung nach der Krankenhausentlassung.
Um das Entlassmanagement und die Nachsorge für Hochrisiko-Patienten – die wegen akuter Herzinsuffizienz stationär behandelt wurden – zu verbessern, wurde an der Uni Würzburg das telemedizinische Überwachungs- und Versorgungsprogramm HeartNetCare-HF entwickelt: Ein Team aus Kardiologen und spezialisierten Pflegekräfte betreut Patienten telefonisch und schult diese in der Selbstüberwachung von Blutdruck und Herzschlag sowie im Erkennen von Herzinsuffizienzzeichen. Das Team fragt weiterhin Ergebnisse des Selbstmonitorings ab und optimiert die medikamentöse Therapie gemeinsam mit Hausärzten.
In der sogenannten INH-Studie wurde bereits im Jahr 2012 das Potenzial einer sechsmonatigen HeartNetCare-HF-Anwendung in einer multizentrischen, randomisierten und kontrollierten Studie untersucht. Mit 715 Teilnehmern war sie die bis dato größte in Deutschland durchgeführte Studie zur Versorgungsforschung bei Herzinsuffizienz. Dabei zeigte sich, dass sechs Monate nach Entlassung aus dem Krankenhaus die Sterblichkeit der telemedizinisch betreuten Patienten im Vergleich zur üblichen Versorgung um 38 % vermindert war. Auch die Lebensqualität und die körperliche Leistungsfähigkeit waren besser als bei den Erkrankten mit üblicher Versorgung. Sie nahmen ihre Medikamente regelmäßiger ein und betrieben eine effektivere Selbstüberwachung.
Wie nachhaltig der positive Effekt einer 18-monatigen telemedizinischen Begleitung sein kann, zeigt eine Erweiterung der E-INH-Studie, die nun im Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht wurde. Unter der Leitung von Prof. Christiane Angermann und Prof. Stefan Störk wurden die Langzeiteffekte von HeartNetCare-HF in einer Population von 1.022 Patienten geprüft, die wegen akuter Herzinsuffizienz ins Krankenhaus eingeliefert worden waren und vor ihrer Entlassung eine Ejektionsfraktion von unter 40 % aufwiesen. 509 Patienten erhielten im Interventionsarm zusätzlich zur üblichen Versorgung die telemedizinische Betreuung, die 513 Patienten im Kontrollarm jedoch nur die übliche Versorgung. Studienvisiten fanden bei Studieneinschluss, sechs, zwölf und 18 Monate später sowie nach drei, fünf und zehn Jahren statt.
Das Ergebnis: Der primäre Endpunkt – die Zeit bis zum Tod und zur Rehospitalisierung – unterschied sich zwar nicht signifikant zu dem in der Kontrollgruppe ohne Intervention. Die Sterblichkeit in der früher telemedizinisch betreuten Gruppe war jedoch signifikant geringer. Auch die sogenannte kardiovaskuläre Mortalität war nach 60 und 120 Monaten niedriger. Zudem traten Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz in der Interventionsgruppe nach 18, 36 und 60 Monaten jeweils signifikant seltener auf (-25%, - 29% und -30%). Bei allen Studienvisiten war die gesundheitsbezogene Lebensqualität zudem besser als bei den Studienteilnehmenden der Kontrollgruppe mit der üblichen Versorgung. Damit liefert die Studie erstmals evidenzbasierte Beweise, dass durch eine zeitlich limitierte telemedizinische Betreuung eine Lebensverlängerung und -verbesserung erreicht werden kann.
„Besonders bei eingeschränkter Erreichbarkeit oder regionaler Verfügbarkeit von medizinischem Personal, bei ans Haus gebundenen Patientinnen und Patienten oder in Pandemiezeiten könnten modulare, bedarfsadaptierte Programme wie HeartNetCare-HF zu mehr Versorgungsgerechtigkeit und -sicherheit beitragen. Vor diesem Hintergrund hoffen wir, dass Programme wie HeartNetCare-HF zeitnah in die Routineversorgung herzinsuffizienter Menschen integriert werden“, sagt Christiane Angermann. „Unsere E-INH-Studie zeigt eindrucksvoll, wie nachhaltig der Effekt einer zeitlich begrenzten multidisziplinären telemedizinisch unterstützten Intervention sein kann“, fasst Studienautor Stefan Störk zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Würzburg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt..
Bildquelle: Alexander Grey, unsplash.