Die Immuntherapie ist eine effektive Methode zur Behandlung einiger Krebsarten. Lungenkrebs jedoch spricht selten auf die medikamentöse Behandlung an. Forscher fanden nun eine Erklärung für die Verweigerung.
Eine medikamentöse Behandlung, die das Immunsystem dazu anregt, Tumore anzugreifen, funktioniert bei einigen Krebsarten gut. Bei Lungenkrebs jedoch sind Immuntherapien nur bedingt erfolgreich. Eine neue Studie könnte nun erklären, woran das liegt: Forscher fanden heraus, dass bestimmte Bakterien der Lunge die Aktivierung von T-Zellen unterdrücken. Anhand von Mäusen zeigten die Wissenschaftler, dass Bakterien – die natürlicherweise in der Lunge vorkommen – dafür verantwortlich sind, dass in den Lymphknoten der Lunge nahe des Tumors kein immunsuppressives Milieu entsteht.
Seit vielen Jahren wissen Wissenschaftler bereits, dass Krebszellen immunsuppressive Signale aussenden können, sodass T-Zellen in einen Erschöpfungszustand versetzt werden. Das Ziel der Immuntherapie besteht darin, diese T-Zellen zu verjüngen, damit sie den Tumor wieder angreifen können. Dies kann unter anderem mithilfe von Checkpoint-Inhibitoren gelingen, die erschöpfte T-Zellen ausbremsen und sie reaktivieren. Bei einigen Krebsarten – wie Melanomen – hat sich der Einsatz dieser Medikamente bereits bewährt. Nicht so bei Lungenkrebs.
Stefani Spranger, Hauptautorin der aktuellen Studie, fand heraus, dass einige T-Zellen in einem frühen Stadium ihrer Entwicklung nicht aktiviert werden und ihre Arbeit einstellen, noch bevor sie einen Tumor erreichen. In einer Arbeit aus dem Jahr 2021 identifizierte die Wissenschaftlerin bereits Populationen solcher dysfunktionaler T-Zellen, die ein bestimmtes Muster der Genexpression aufweisen, das sie daran hindert, Krebszellen anzugreifen. „Obwohl sich diese T-Zellen vermehren und in den Tumor eindringen, haben sie keine Lizenz zum Töten“, erklärt Spranger.
In der neuen Studie untersuchte ihr Team dieses Aktivierungsversagen das in den Lymphknoten auftritt, genauer. Die Lymphknoten sind der Ort, an dem Killer-T-Zellen auf dendritische Zellen treffen, die Antigene produzieren und zur Aktivierung der T-Zellen beitragen. Um herauszufinden, warum manche Killer-T-Zellen nicht richtig aktiviert werden, untersuchte das Forscherteam Mäuse, die entweder einen Tumor in der Lunge oder in der Bauchgegend aufwiesen. Dabei zeigte sich, dass T-Zellen in den Lymphknoten, die von den Lungentumoren ausgingen und auf dendritische Zellen trafen die Tumorantigene zwar erkannten, diese T-Zellen jedoch nicht vollständig aktiviert wurden. Diesen führten die Wissenschaftler darauf zurück, dass keine Aktivierung durch die Hemmung der regulatorischen T-Zellen stattfand.
Die Studie zeigt, weshalb dendritische Zellen (grün) in Lymphknoten, die von der Lunge ausgehen, keine Killer-T-Zellen (weiß) zum Angriff auf Lungentumore stimulieren. Credit: MIT.
In den Lymphknoten, die von den Lungentumoren ausgingen, beobachteten die Forscher eine starke Aktivierung der regulatorischen T-Zellen. In den Lymphknoten der Bauchtumore hingegen wurden die regulatorischen T-Zellen nicht aktiviert. Regulatorische T-Zellen sind normalerweise dafür verantwortlich, dass das Immunsystem keine körpereigenen Zellen angreift. Es zeigte sich, dass diese T-Zellen auch die Fähigkeit der dendritischen Zellen beeinträchtigen, T-Killerzellen zu aktivieren, die sich gegen Lungentumore richten. Die Forscher konnten weiterhin zeigen, wie diese regulatorischen T-Zellen die dendritischen Zellen unterdrücken: Durch das Entfernen von stimulierenden Proteinen an der Oberfläche der dendritischen Zellen wurde eine Aktivierung der Killer-T-Zellen verhindert.
Die Forscher führten die Aktivierung der regulatorischen T-Zellen in den Lungen-Lymphknoten auf eine hohe Konzentration von Interferon gamma zurück: Dieses Signalmolekül wird als Reaktion auf kommensale Bakterien produziert, die normalerweise in der Lunge leben, ohne eine Infektion zu verursachen. Obwohl die Forscher die genauen Mechanismen dahinter bisher nicht identifizieren konnten zeigten sie, dass sich die Aktivität der T-Killerzellen wiederherstellen ließ, sobald die Mäuse mit einem Antikörper behandelt wurden, der Interferon gamma blockiert. Eine Hemmung des Interferon gamma sei bei Tumorpatienten jedoch keine Lösung, so Spranger. Dies könne sich auf die Immunsignalisierung auswirken und die gesamte Immunantwort gegen einen Tumor dämpfen. Die Forscherin und ihr Team suchen nun nach anderen Möglichkeiten zur Stimulierung der Killer-T-Zell-Antwort.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Massachusetts Institute of Technology. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Jonas Kakaroto, unsplash.