Ihr plant, eine Apotheke zu kaufen? Das lohnt sich noch immer, ist aber kein Selbstläufer mehr. Die wichtigsten Tipps auf einen Blick.
Wer sich in Fachmedien nach Apotheken zum Verkauf umsieht, findet mitunter seltsame Formulierungen – „Apotheke gegen Warenlager abzugeben“, „Apotheke mit viel Potenzial zu veräußern“ oder „Ideal für den Einstieg“. Das Gefährliche daran: Viele dieser Apotheken haben betriebswirtschaftlich ihren Zenit längst überschritten, sie gelten als unverkäuflich. Wer auf eine unabhängige Beratung verzichtet, verbrennt womöglich viel Geld. Das muss nicht sein.
Generell stehen die Chancen gut, veritable Objekte zu finden. Viele Inhaber gehen auf die 55 oder sogar 60 zu. Sie wollen sich mit Themen wie E-Rezept und Online-Marketing nicht mehr auseinandersetzen. Auch die – zugegeben – düsteren Prognosen machen ihnen zu schaffen. Und nicht alle Apotheker haben das Ziel, sich selbständig zu machen, wie Umfragen zeigen. Wer Geduld mitbringt, hat gute Chancen. Dabei sei gesagt: Ein Nettoumsatz deutlich unter 1,5 Millionen Euro pro Jahr wird nicht ausreichen, um die eigene Existenz langfristig zu sichern.
Doch wie gelingt es, realistische Kaufpreise zu ermitteln? Diese Frage ist vor allem angesichts überzogener Erwartungen mancher Verkäufer wichtiger denn je. Ohne Steuerberater wird das kaum gelingen. Zwar vermittelt der begleitende Unterricht auch BWL-Kenntnisse, ausreichen wird das Wissen für komplexe Sachverhalte wie die Firmenbewertung jedoch kaum.
Experten setzen auf das modifizierte Ertragswertverfahren, um den Wert in der Vergangenheit zu ermitteln und daraus Prognosen für die Zukunft abzuleiten. In ihren Ansatz fließen diverse Kosten und Umsätze ein, auch der kalkulatorische Unternehmerlohn von etwa 80.000 Euro oder mehr, je nach Zahlen der Apotheke. Grundlage der Kalkulation sind betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) der letzten Jahre. Achtung: Weigern sich Verkäufer, Zahlen trotz des Angebots, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen, herauszugeben, liegt etwas im Argen.
Weiter geht es mit der Besichtigung, falls Zahlen die Erwartungen erfüllen. Auch hier sollten sich Käufer nicht über so manche Verhaltensweisen der Verkäufer wundern: Termine gibt es meist an Sonn- oder Feiertagen und Interessenten werden oft angehalten, nicht direkt neben dem Gebäude zu parken und bitte am Hintereingang zu klingeln. Warum? Viele Inhaber scheuen sich, ihr Team vorab zu informieren. Das ist verständlich, aber hinderlich.
In der Apotheke lohnt es sich, anhand von Revisionsprotokollen alle wichtigen Bereiche durchzugehen. Hatten Pharmazieräte bzw. Amtsapotheker Kritikpunkte, müssen Käufer mit weiteren Kosten rechnen. Auch die IT-Infrastruktur ist mit Blick auf weitere Investitionen kritisch zu überprüfen – gibt es Investitionsstau? Macht ein Automat Sinn? Muss das Mobiliar ersetzt werden? Retro hat Grenzen. Alles in allem ergibt sich möglicherweise ein höherer Finanzierungsbedarf als allein durch den Kaufpreis.
Ohne Dienstleister funktioniert heute keine Apotheke mehr. Bestehende Verträge übernehmen Käufer als sogenannte Dauerschuldverhältnisse – von der Software bis zu Leasingverträgen. Mietverträge sollten inklusive Optionen ausreichend lange laufen, um beispielsweise Kredite bis dahin abbezahlt zu haben. Wer eine Immobilie erwirbt, ist gut beraten, ein Wert- und Baugutachten in Auftrag zu geben. Sicher ist sicher.
Deutschlands Apotheken sind – zum Glück – nach wie vor inhabergeführt. Mehrere Approbierte können sich laut Apothekengesetz (ApoG) aber in Form einer OHG oder in einer GbR zusammenschließen. Alle Partner haften gemeinsam – und tragen die Verantwortung. Das geht nicht immer gut: Zerwürfnisse, Trennungen oder Scheidungen machen aus Geschäftspartnern vielleicht Feinde. Umso wichtiger sind detaillierte Verträge, die Eigenanteile und Ausstiegsszenarien regeln. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Weiter geht es mit dem Team. Das Lohnjournal verrät schon vor dem Kauf, wie die Personalstruktur ist. Fehlen Mitarbeiter, ist Vorsicht angebracht. In Zeiten des Fachkräftemangels gelingt es kaum, Apotheker, PTA oder PKA über Nacht neu einzustellen. Und die Apothekenleitung muss alle Lücken füllen.
Doch zurück zu Bedenken, die viele Apotheker hinsichtlich ihrer Selbständigkeit haben. In die Zukunft kann niemand blicken und das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz mit seinen Einschnitten hat viele Kollegen kalt erwischt. Bleibt als Strategie, selbst eine Größe zu entwickeln, um etwas unabhängiger zu werden:
Bleibt als Fazit: Der Kauf einer Apotheke – oder mehrerer Apotheken – ist immer noch eine veritable berufliche Strategie, aber längst kein Selbstläufer mehr. Lasst euch nicht von Emotionen treiben – und nehmt Beratung in Anspruch!
Bildquelle: J Yeo, Unsplash