Infiziert sich ein implantiertes kardiales Device, müssen Ärzte schnell handeln. Goldstandard ist die chirurgische Entfernung – doch eine andere, deutlich schonendere Methode solltet ihr kennen.
Kardiale elektronische Implantate wie Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren (ICDs) oder Devices zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRTs) haben seit Jahren einen hohen Stellenwert in der Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen, zur Prophylaxe des plötzlichen Herztodes oder in der Behandlung einer Herzinsuffizienz.
Immer wieder kommt es jedoch zu Systeminfektionen. Olsen et al. berichteten über das lebenslange Risiko für eine Systeminfektion bei Patienten mit einem Schrittmacher von 1,19 %, mit einem ICD von 1,91 %, mit einem CRT-Schrittmacher von 2,18 % und mit einem CRT-ICD sogar von 3,35 %. Die Infektionsraten sind bei Geräteaustausch- oder Systemumstellungseingriffen sowie bei CRT- oder ICD-Implantationen höher als bei der einfachen Schrittmacherimplantationen.
Laut Leitlinien stellt die vollständige Entfernung des Gerätes die einzige effektive Therapie bei Infektionen von Schrittmachern, ICDs oder Geräten zur Resynchronisation dar. Eine Systemextraktion ist eine komplexe und oft langwierige Operation, besonders bei lange einliegenden Devices und Sonden. Ankersonden oder spezielle ICD-Sonden können den Operateur zusätzlich vor eine große Herausforderung bei der Notwendigkeit einer Entfernung stellen. Die Gesamtrate an Komplikationen bei Sondenextraktionen wird beispielsweise bei Pecha et al. mit 4,32 % beschrieben. Die Wahrscheinlichkeit für schwere Komplikationen lag bei 2,06 % und für weniger schwere Komplikationen bei 2,26 %.
Topaz et al. beschrieben in ihrer aktuellen Studie, erschienen in der Fachzeitschrift JACC, eine alternative Methode zur Extraktion bei lokalen Device-Infektionen. Nach Auswertung ihrer Daten war diese mit weniger Komplikationen im Vergleich zur Device- oder Sondenextraktion verbunden.
Bei der Herangehensweise von Professor Mori Topaz vom Sourasky Tel Aviv Medical Center wurden sehr hohe Konzentrationen von Antibiotika kontinuierlich über einen perkutanen Dauerkatheter direkt in die subkutan gelegene Devicetasche appliziert. Vor diesem Schritt erfolgte ein Wunddebridement sowie eine Sanierung der Gerätetasche mit Wasserstoffperoxid und Povidon-Iod. Die Antibiotika-Behandlung (Vancomycin 40–80 mg/Stunde und Gentamicin 3–10 mg/Stunde) wurde bei anhaltend positiven Kulturbefunden bis zu 14 Tage fortgesetzt. Bei negativen Blutkulturen wurde die Antibiotikatherapie nach 10 Tagen terminiert.
Durch diese Methode war es möglich, lokal sehr hohe Antibiotika-Konzentrationen zu erzeugen – ohne toxische Serumspiegel. Das Forscherteam beschäftigt sich seit dem Jahr 2007 mit diesem Ansatz. Initial getestet wurde das Verfahren an Patienten, die aufgrund eines als zu hoch eingeschätzten operativen Risikos nicht für eine Sondenextraktion infrage kamen.
Nachdem diese Behandlungsergebnisse vielversprechend ausfielen, erweiterte das Forscherteam die Indikation auf Patienten, die eine weniger invasive Intervention bevorzugten. Im Vorfeld mussten die Patienten zustimmen und wurden ausführlich darüber aufgeklärt, dass die Leitlinien in solchen Fällen die Extraktion als einzige Therapie mit bestätigter Wirksamkeit empfehlen. In der aktuellen Studie berichten Topaz et al. über ihre nun mehr als 14-jährige Erfahrung mit dem von ihnen entwickelten Verfahren.
Insgesamt 80 Patienten, bei denen eine lokale Tascheninfektionen des ICD/Schrittmachers festgestellt wurde, erhielten im Zeitraum von 2007 und 2021 die oben beschrieben Therapie. Bei neun Patienten entschied man sich wegen eines zu hohen OP-Risikos gegen eine klassische Extraktion, in sechs Fällen präferierte man die Antibiotika-Therapie, weil die Indikation für eine Deviceextraktion als diskussionswürdig betrachtet wurde. Bei den anderen Patienten wäre eine Entfernung des Gerätes möglich gewesen, die betroffenen Personen hatten sich aber nach einer ausführlichen Aufklärung dagegen entschieden.
Diese 65 Personen bezogen das Forscherteam in ihre Fall-Kontroll-Studie ein und verglichen deren Ergebnisse mit denen von 81 Patienten, die sich wegen einer Tascheninfektion einer Device/Sondenextraktion in einem anderen erfahrenen Zentrum (Sheba Medical Center) unterzogen hatten. Beide Gruppen waren hinsichtlich ihrer Patientencharakteristika vergleichbar.
In der Gesamtgruppe konnte die Hochdosis-Antibiotikatherapie in 85 % der Fälle eine Heilung erreichen. In dieser Gruppe kam es während des durchschnittlich dreijährigen Follow-ups zu keinen weiteren Infektionen. Allerdings lag die Heilungsrate in der Extraktionsgruppe bei 96,2 %. Damit war die Heilungsrate in der Hochdosis-Antibiotika-Gruppe – trotz gutem Ergebnis auf den ersten Blick – im Vergleich zur Extraktionsgruppe signifikant niedriger (p = 0,027). Ernsthafte Komplikationen wie Schlaganfälle, Thorakotomien, dringende Bluttransfusionen oder schwere Gefäßschäden kamen in der Hochdosis-Antibiotikagruppe Gruppe dagegen deutlich seltener vor, als in der Extraktions-Gruppe (1,5 % vs. 14,8 %; p = 0,005). Zusammenfassend bedeutet das, dass die Gerätentfernung zwar die effektivere, aber auch die riskantere Behandlungsmethode ist. Eine Deviceextraktion konnte bei 90,8 % der Hochdosis-Antibiotika behandelten Patienten vermieden werden. Die Sterblichkeit nach einem Monat und einem Jahr unterschied sich nicht signifikant zwischen beiden Gruppen (0,0 % vs. 3,7 %; p = 0,25 bzw. 12,3 % vs. 13,6 %; p = 1,00).
„Die lokale Hochdosis-Antibiotika-Therapie ist eine sichere und effektive Alternative für Patienten mit Tascheninfektionen, die für eine Extraktion ungeeignet sind oder einer solchen Prozedur nicht einwilligen“, schlossen Topaz und Kollegen aus diesen Ergebnissen. Diese Einschätzung teilten – mit Einschränkungen – auch Dr. Anne Curtis und Dr. Aamir Ahmed, die ein Editorial zur Studie verfassten. Die beiden US-Kardiologen konnten sich darüber hinaus vorstellen, die vorgestellte Therapie als Überbrückungstherapie zur kurzfristigen Infektionskontrolle einzusetzen, zum Beispiel bei Patienten, deren Risiko für eine Deviceextraktion aufgrund ihres momentan kritischen klinischen Zustandes als untragbar hoch eingeschätzt wird.
Kritisch zu sehen ist allerdings, dass die Methode in der Studie nur unter bestimmten Voraussetzungen zum Einsatz kam. So durften keine Anzeichen einer systemischen Infektion wie Fieber, positive Blutkulturen oder Sonden-Vegetationen vorliegen. Ebenso waren Patienten ausgeschlossen, bei denen in der Devicetasche ein S. aureus-Wachstum nachweisbar war, auch wenn keine systemische Infektion bestand. Fälle, in denen die Kultur erst später positiv auf S. aureus ausfiel, wurden trotzdem in die Studie eingeschlossen. Deswegen hatten nur 6 % der Patienten in der Hochdosis-Antibiotika-Gruppe eine S. aureus-Infektion. Dieser Punkt ist als klinisch relevant einzuschätzen, weil knapp ein Drittel der ICD/Schrittmacher-Infektionen durch S. aureus verursacht werden.
Um den Therapieansatz von Topaz et al. weiter zu prüfen, werden größere Studien nötig sein – insbesondere um zu klären, welche Patienten davon profitieren und welche nicht. Denn, wie sich an dieser Untersuchung gezeigt hat, scheinen nicht alle Patienten auf die Behandlung gut anzusprechen. Er könnte allerdings eine gute Alternative für Patienten mit einem hohen Operationsrisiko sein. Bis zu Klärung der noch offenen Fragen sollte aber die vollständige Entfernung des Aggregates und jeglicher Sonden der Goldstandard im Falle von Tascheninfektionen sein.
Quellen:
Bildquelle: Ave Calvar, Unsplash