Im E-Sport führen starke Konkurrenz, kurze Verträge und hoher Leistungsdruck zu psychischen Belastungen. Das alles erhöht das Risiko für eine Depression. Was kann man dagegen tun?
Im Mittelpunkt der aktuellen Befragung steht die Frage nach der mentalen Gesundheit und Resilienz von Gamern unterschiedlicher Leistungsstufen. Gemeinsam mit der AOK Rheinland/Hamburg hat das Team um Prof. Ingo Froböse, Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der Deutschen Sporthochschule Köln, 1.073 Gamer befragt.
Während die einen zur Entspannung spielen, können Videospiele, verbunden mit Leistungsdruck, bei anderen zu erhöhtem Stress führen. „Gamerinnen und Gamer sind vielfältigen psychischen Belastungen ausgesetzt“, so Froböse. „Dies sollte man nicht unterschätzen und die Zielgruppe hinsichtlich des Themas mentaler Gesundheit frühzeitig sensibilisieren und aufklären.“
Wie auch in den letzten Jahren zeigt die eSport-Studie 2023 zunächst erfreuliche Ergebnisse hinsichtlich des subjektiven Gesundheitszustands sowie der mentalen Gesundheit: Die Gamer bewerteten ihren subjektiven Gesundheitszustand als gut bis sehr gut, das Studienergebnis zur mentalen Gesundheit liegt im oberen Drittel der möglichen Gesamtpunktzahl.
Schaut man bei den Ergebnissen jedoch genauer hin, so fallen die Resultate zum Wohlbefinden und zur Resilienz deutlich schlechter aus. Knapp 17 % der Befragten zeigen erste Anzeichen von psychischen Beschwerden. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, welche Bedeutung der mentalen Leistungsfähigkeit im E-Sport zukommt. Vor allem im professionellen E-Sport gibt es häufiger Berichte über ein frühes Karriereende aufgrund psychischer Belastungen. Ebenso liegt das psychische Wohlbefinden von knapp 17 % der Befragten unter dem Grenzwert. Dem verwendeten Fragebogen nach weisen die Spieler somit ein erhöhtes Risiko für eine klinische Depression auf.
Insgesamt liegt der Mittelwert aller Spieler unter dem Durchschnitt der Normwerte, was tendenziell auf ein niedriges Wohlbefinden hindeutet. Damit einher geht das allgemeine Wohlbefinden, bei dem sogar über ein Drittel der Befragten unter dem Grenzwert liegt. Bis auf die Gruppe der E-Sport-Profis weisen alle befragten Personengruppen eine niedrige psychische Widerstandsfähigkeit auf.
„Es ist äußerst beunruhigend, dass die Ergebnisse zum Wohlbefinden und zur Resilienz im Vergleich zur Normalbevölkerung unterdurchschnittlich ausfallen, obwohl der subjektive Gesundheitszustand positiv wahrgenommen wird“, so Froböse. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass vor allem die derzeitigen globalen Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie, der Ukraine-Krieg oder die Energiekrise einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden und somit auch auf die mentale Gesundheit haben können.
Dem Großteil der Befragten ist zwar die Pflege der eigenen mentalen Gesundheit sehr wichtig und sie wissen auch, wie sie diese ausbauen können; dennoch tut nur knapp die Hälfte der Befragten bewusst etwas dafür. Womöglich werden erste Anzeichen von psychischen Problemen nicht als solche wahrgenommen und die Befragten erachten es noch nicht als notwendig, sich aktiv um ihre mentale Gesundheit zu kümmern.
„Es ist schön zu sehen, dass den Gamerinnen und Gamern die mentale Gesundheit inzwischen bewusst ist. Nun gilt es, sie auch dahingehend zu unterstützten und zu sensibilisieren, dass sie ihr Gesundheitsverhalten dementsprechend anpassen, um diese zu fördern“, erklärt Froböse.
Handlungsbedarf zeigt sich bei den untersuchten Spielern zudem im Bereich des allgemeinen Wohlbefindens, welches als eher niedrig bewertet werden kann. Wie die Ergebnisse zeigen, kann ein aktiver Lebensstil zu einem höheren Wohlbefinden beitragen. Mit Blick auf die Sitz- und Aktivitätszeiten der Spieler sollten diese sich insgesamt körperlich mehr belasten, da nur etwa die Hälfte der Befragten die Bewegungsempfehlungen der WHO erreicht. Betrachtet man die verschärften Empfehlungen für zusätzliche gesundheitsförderliche Effekte, so ist es nur noch ein Drittel.
Grafik zur mentalen Gesundheit und Resilienz im eSport. Credit: Deutsche Sporthochschule Köln
„Neben Programmen zur Pflege der mentalen Gesundheit und Resilienz sollte die Bewegungsförderung auch weiterhin ein großer Bestandteil der Gesundheitsprävention von Gamerinnen und Gamern sein. Über den Zugangsweg E-Sport und aufgrund der großen Bedeutung von mentaler Stärke auf die E-Sport-Leistungsfähigkeit gibt es Möglichkeiten, die hier untersuchte junge und Gaming interessierte Zielgruppe nachhaltig für das Thema zu begeistern“, so Froböse.
„Wie wichtig physische Gesundheit und mentales Wohlbefinden sind, ist uns allen nicht zuletzt in der Pandemie erneut bewusst geworden“, erläutert Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg. „In Schulen und bald auch in Betrieben unterstützen wir Gamerinnen und Gamer mit passgenauen Angeboten dabei, sich aktiv um das körperliche Wohl und die eigene Psyche zu kümmern. Die heute dargestellten Aspekte zur psychischen Gesundheit werden ebenfalls Berücksichtigung finden.“
„Insgesamt kann sich ein gesundheitsorientierter Lebensstil positiv auf die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken“, so das Fazit von Froböse zur eSport-Studie 2023. „Demnach ist es umso wichtiger, mehr Bewegung in unseren sonst so bewegungsarmen Alltag zu integrieren. Dies fördert nicht nur die Gesundheit, sondern erhöht auch unsere Produktivität. Außerdem können wir dadurch unsere Stresstoleranz erhöhen, was wiederum unserer mentalen Gesundheit zu Gute kommt“, so Froböse, der vor allem für kleine Bewegungspausen zwischen längeren Sitzeinheiten plädiert. Diese fördern unter anderem die Durchblutung des Gehirns und liefern somit einen Energieschub.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Sporthochschule Köln. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Florian Olivo, unsplash