Saisonale Reisen von Zugvögeln sind ein bekanntes Phänomen. Doch welche hormonellen Vorgänge stecken dahinter? Eine aktuelle Studie gibt Aufschluss – und liefert Überraschungen.
Zugvögel zeigen spektakuläre physiologische Anpassungen, um Langstreckenflüge zwischen Brut- und Überwinterungsgebieten zu bewältigen. Als Hauptenergiequelle verwenden sie vor ihren Zugflügen aufgebaute Fettreserven. Sowohl bei in Gefangenschaft gehaltenen als auch bei freilebenden Vögeln zeigt sich der Zugphänotyp – also das veränderte körperliche Erscheinungsbild – durch eine schnelle und deutliche Zunahme der Nahrungsaufnahme und Energiezufuhr sowie durch Änderungen der Nachtaktivität und ein unruhigeres Verhalten. Zu den dafür verantwortlichen hormonellen Mechanismen gibt es bislang jedoch nur wenige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse.
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni prüfte deshalb nun anhand von Wachteln (Coturnix coturnix) die Hypothese, inwieweit das Hormon Corticosteron und das im Darm produzierte Hormon Ghrelin beim Vogelzug eine Rolle spielen. Für ihren Versuch setzten die Forscher Wachteln einer kontrollierten Änderung der Tageslänge aus, um einen Herbstzug gefolgt von einer Überwinterungsphase zu simulieren. Danach verglich das Forschungsteam die Corticosteron- und Ghrelin-Konzentrationen und bewertete, ob diese beiden metabolischen Hormone zwischen den Migrationszuständen variieren.
„In Übereinstimmung mit unseren Annahmen fanden wir heraus, dass das Auftreten des Zugphänotyps mit höheren Konzentrationen von Ghrelin verbunden ist. Außerdem korrelierte Ghrelin mit Veränderungen der Körpermasse der Vögel, und zwar sowohl bei der Vorbereitung auf ihren herbstlichen Zug als auch beim Eintreten in die Überwinterungsphase“, erklärt Studien-Erstautorin Valeria Marasco.
Entgegen ihren Vorhersagen beobachteten die Forscher allerdings keine Korrelation zwischen den im Blutkreislauf zirkulierenden Spiegeln von Ghrelin und Corticosteron. Zudem konnten die Wissenschaftler beim Zugphänotyp keine erhöhten Corticosteron-Spiegel nachweisen. „Auch mit Veränderungen der Körpermasse, der Nahrungsaufnahme oder der damit einhergehenden Zugunruhe – also dem unruhigen Verhalten der Vögel vor ihrem Herbstzug – zeigte Corticosteron keine statistisch relevante Korrelation“, so Studien-Letztautor Leonida Fusani, Leiter der Abteilung für Ornithologie am Konrad-Lorenz-Institut.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung. Die wissenschaftliche Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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