Jeder Dritte über 65 stürzt – mit schweren gesundheitlichen Folgen. Häufige Ursache: Einschränkungen des Seh- und Hörvermögens. Orthopäden haben Tipps zur Prävention und Therapie zusammengefasst.
Orthopäden und Unfallchirurgen empfehlen älteren Menschen neben Bewegung und Krafttraining auch die regelmäßige Prüfung von Sehstärke und Hörvermögen. Dadurch lassen sich Stürze vermeiden, die schnell zu Knochenbrüchen führen können. Denn Probleme beim Sehen, Hören oder dem Gleichgewichtsorgan können die Balance empfindlich beeinträchtigen.
„Viele Stürze lassen sich vermeiden, wenn Seniorinnen und Senioren Koordination und Balance trainieren und dafür sorgen, dass sie gut sehen und hören können“, sagt Prof. Benedikt Friemert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
In Deutschland werden pro Jahr mehr als 400.000 Altersbrüche behandelt. Die meisten Knochenbrüche von älteren Menschen entstehen durch einen Sturz. Die Hüftfraktur, auch Oberschenkelhalsbruch genannt, ist die mit Abstand am häufigsten im Krankenhaus behandelte Fraktur. Die Sterblichkeit nach diesem Knochenbruch ist erheblich, viele Patienten verlieren ihre Selbstständigkeit und müssen in eine Pflegeeinrichtung ziehen. Orthopäden und Unfallchirurgen raten dazu zu folgenden Präventivmaßnahmen:
Bereits ab dem 50. Lebensjahr nehmen Balance-Fähigkeit, Ausdauer, Muskelkraft und Beweglichkeit ab. Dadurch steigt mit zunehmendem Alter das Risiko, zu stürzen und sich dabei zu verletzen. Einschränkungen des Seh- und Hörvermögens oder Medikamente, die die Reaktionsfähigkeit einschränken, erhöhen das Sturzrisiko zusätzlich. Ungefähr ein Drittel der Menschen über 65 Jahre stürzt mindestens einmal pro Jahr, bei den über 80-Jährigen sogar fast jeder Zweite.
„Das Risiko, hinzufallen und sich dabei zu verletzten kann mit einfachen Maßnahmen vermindert werden. Häufig stehen Probleme mit den Augen und Ohren nicht direkt im Fokus. Doch Störungen der Seh-, Gehör- und Gleichgewichtsorgane können die Balance beeinträchtigen und damit das sichere Gehen verhindern“, sagt Prof. Ulrich Liener, stellvertretender Leiter der Sektion Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU).
Gerade ältere Menschen leiden oft unter einer Sehschwäche wie der Altersweitsichtigkeit und grauem oder grünem Star. Auch Probleme mit dem Gehör und Schwindel können die Sturzgefahr erhöhen. Viele Menschen warten sehr lange, bevor sie ihre Hörprobleme und Schwindel bei ihrem Hausarzt ansprechen. Dabei werden Hörverluste und Störungen des Gleichgewichtsorgans im Innenohr mit zunehmendem Alter immer häufiger.
Körperliche Fitness ist einer der wesentlichsten Einflussfaktoren. Dafür ist die Kräftigung der Muskeln wichtig, aber auch Ausdauertrainings und Koordinationsübungen, um das Gleichgewicht besser halten zu können. Besonders wirksam für die Sturzprophylaxe ist ein spezielles Balance- und Krafttraining für die Beinmuskulatur. Viele Vereine bieten hier entsprechende Seniorenprogramme an und zahlreiche Krankenkassen unterstützen Senioren bei den Kosten.
Sollte es dennoch zu einem schweren Unfall wie einem Oberschenkelhalsbruch kommen, empfiehlt sich die interdisziplinäre Behandlung in einem Alterstraumazentren. Hier liegt die Besonderheit darin, dass Unfallchirurgen und Altersmediziner in einem multiprofessionellen Team eng zusammenarbeiten. Das Weißbuch Alterstraumatologie und Orthogeriatrie zeigt: Während üblicherweise bei älteren Patienten die 30-Tage-Sterblichkeit nach einer Hüftfraktur bei über 10 Prozent liegt, sinkt diese durch die Behandlung in multiprofessionellen Teams um mehr als 20 Prozent.
Genauso wichtig wie die richtige Akutbehandlung im Krankenhaus ist auch die Therapie nach einer Operation, denn die Gefahr einer erneuten Fraktur ist nach Entlassung deutlich erhöht. Als Sekundärprävention raten die Orthopäden zu regelmäßigen Checkups und strukturierten Bewegungsprogramme, außerdem die Balance und die Kraft zu verbessern und damit Stürze und Knochenbrüche zu reduzieren.
„In Zukunft werden wir immer mehr ältere Menschen haben, deshalb brauchen wir neue Konzepte der orthopädisch-unfallchirurgischen Behandlung, Rehabilitation und Prävention“, sagt DGOU-Vizepräsident Prof. Dieter C. Wirtz; Mitherausgeber des Weißbuchs. Der Leitfaden wurde von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) erstellt.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
Bildquelle: Donald Teel, unsplash