Sicher habt auch ihr den ein oder anderen Patienten, der nach einem Gläschen ein rotes Gesicht bekommt. Was es mit diesen Flushes auf sich hat und ob Gefahr fürs Herz besteht, untersucht jetzt eine Studie.
Schon ein Glas Wein kann bei einigen Menschen kurz nach dem Genuss für Hautrötungen und Kopfschmerzen sorgen. Ursache dieses sogenannten Flushes ist eine Stoffwechselstörung, bei der die Fähigkeit, Alkohol zu verstoffwechseln, beeinträchtigt ist. Träger der Genvariante ALDH2*2 sind besonders oft davon betroffen. Aber nicht nur das: Menschen mit dieser Genvariante haben auch ein erhöhtes Risiko für die koronare Herzkrankheit (KHK). US-Forscher haben jetzt untersucht, warum das so ist.
Das ALDH2-Gen kodiert für das Enzym Aldehyddehydrogenase, das die giftigen Acetaldehyde abbaut, die bei der Verstoffwechselung von Alkohol entstehen. Die ALDH2*2-Mutation verhindert die Funktion des Enzyms, was dazu führt, dass das hochgiftige Acetaldehyd nicht schnell genug aus dem Kreislauf entfernt werden. Die charakteristischen Symptome wie Flushes, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden entstehen wiederum durch die Freisetzung von Histamin.
Um einen Zusammenhang zwischen der Genvariante, Alkoholgenuss und KHK herauszufinden, führte das Team um Joseph C. Wu, Direktor des Stanford Cardiovascular Institute, eine genomweite Analyse von 29.319 KHK-Fällen und 183.134 Kontrollen aus der Biobank Japan durch – in Asien ist diese Genvariante besonders häufig. Dabei bestätigten sie einen starken Zusammenhang zwischen der ALDH2*2-Variante und Herzerkrankungen in ihrer Kohorte sowie in einer zweiten Gruppe, die von der UK Biobank erfasst wurde. Das Risiko einer Herzerkrankung bei regelmäßigen Trinkern mit ALDH2*2 ist demnach viermal höher, als bei Personen ohne diese Mutation.
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler eine kleine Stichprobe von neun betroffenen Personen. Nachdem die Teilnehmer ein alkoholisches Getränk zu sich genommen hatten, stellten sie fest, dass diese Personen eine verminderte Funktion ihrer Endothelzellen aufwiesen. Endotheliale Dysfunktionen spielen eine Rolle bei der Bestimmung des Risikos für KHK.
Als Nächstes erzeugten die Forscher menschliche Stammzellen mit der ALDH2*2-Variante und leiteten daraus Endothelzellen ab. Sie stellten fest, dass die ALDH2*2-Zellen höhere Werte an freien Radikalen und Entzündungsmarkern aufwiesen als normale Endothelzellen. Sie waren auch weniger in der Lage, Stickstoffmonoxid zu erzeugen, das zur Erweiterung der Blutgefäße beiträgt. All diese Effekte wurden durch die Einwirkung von Alkohol auf die Zellen noch verschlimmert.
Interessanterweise scheint das Diabetesmedikament Empagliflozin, ein SGLT2-Hemmer, diese schädlichen Auswirkungen verringern zu können – zumindest in Versuchen mit Mäusen. Die Autoren schließen daraus, dass Menschen mit der ALDH2*2-Variante, die viel trinken, möglicherwiese von Empagliflozin profitieren könnten. Am besten wäre es allerdings, erst gar nicht zum Alkohol zu greifen – ob man nun Träger der Variante ist oder nicht.
Bildquelle: Taylor Simpson, Unsplash